Mittwoch, 18. März 2020

Blick hinter die Kulissen der amerikanischen Politik - Beobachtungen zum Film "Sturm über Washington" von Otto Preminger aus dem Jahre 1962




Am Montagabend (16.03.20) zeigte Arte den sehr interessanten Otto-Preminger-Film „Sturm über Washington“ (Advice and Consent) aus dem Jahre 1962. Ich mag die fünf jüdischen Regisseure, die während der Zeit des Nationalsozialismus Österreich und Deutschland verlassen mussten, und in Hollywood einige der großen Klassiker der Filmgeschichte geschaffen haben: William Wyler („Ben Hur“), Billy Wilder („Boulevard der Dämmerung“, „Sabrina“, „Ariane“) Fred Zinnemann („Zwölf Uhr Mittags“[1], „Ein Mann für alle Jahreszeiten“), Robert Siodmak („Die Wendeltreppe“, „Der Schut“) und eben Otto Preminger („Fluss ohne Wiederkehr“). Von Otto Preminger, dessen Israel-Epos aus dem Jahre 1960 erst vor ein paar Wochen auf Arte ausgestrahlt wurde[2], stammen Filme, die ich getrost als Kunstwerke bezeichnen kann. Zum ersten Mal bin ich auf den Regisseur aufmerksam geworden durch die Francoise-Sagan-Verfilmung „Bonjour Tristesse“, die mich so beeindruckt hat, dass ich mir sogleich einige seiner Filme auf DVD kommen ließ.
„Sturm über Washington“ entstand während der Kuba-Krise, als auch andere politische Filme in die Kinos kamen wie „Angriffsziel Moskau“ (Fail Safe) von Sidney Lumet (1964) oder „Botschafter der Angst“ (The Manchurian Candidate) von John Frankenheimer (1962). All diese Filme lassen den aufmerksamen Zuschauer ein wenig hinter die Kulissen der amerikanischen Politik blicken und nehmen doch eindeutig Stellung für die großen Ideale der amerikanischen Demokratie, die es vor den dunklen Mächten im Hintergrund zu verteidigen gilt.
„Advice and Consent“ zeigt den Konflikt zwischen dem traditionellem Senator Cooley, gespielt von dem hervorragenden britischen Schauspieler Charles Laughton – es war seine letzte Rolle – und dem jungen Kandidaten Robert Leffingwell, der offen für neue Ideen ist: Henry Fonda, der einst in John Fords „Young Mr. Lincoln“ einen der populärsten amerikanischen Präsidenten dargestellt hat, spielt in „Sturm über Washington“ den Anwärter auf das Außenministerium. Beide Politiker bekämpfen sich im Senat und es ist spannend zu sehen, wie diese Auseinandersetzungen in den 60er Jahren, als der junge John F. Kennedy der US-Politik eine ganz neue Richtung geben wollte (und nebenbei bereit war, mit der kommunistischen Sowjetunion unter Parteisekretär Chruschtschow zu verhandeln), im Grunde wie ein Gerichtsprozess geführt wurden, in dem sich jeder Kandidat verteidigen musste. Den beiden eher fortschrittlichen Politikern Leffingwell und Senator Anderson (Don Murray) wird dabei ihre Vergangenheit zum Verhängnis: dem einen werden Kontakte zu einer kommunistischen Gruppe in Chicago vorgeworfen, die er tatsächlich „in seiner Jugend“ konsultiert hat[3], dem anderen wird ein homosexuelles Verhältnis zu einem Kriegskameraden auf Hawaii zum Verhängnis. „Sturm über Washington“ ist der erste Film, in dem ein Club für Homosexuelle gezeigt wird. In dieser Szene ertönt sogar Frank Sinatras Stimme mit dem Lied „Heart of Mine“ aus der Jukebox. Homosexualität war in dieser Zeit in den USA und in Europa noch strafbar.
Das Drehbuch des Films geht auf den gleichnamigen Roman des New-York-Times-Korrespondenten Allen Drury (1918 – 1998)[4] aus dem Jahr 1959 zurück, der 1960 den Pulitzer-Preis für sein Debüt erhielt.
Gestern (17.03.20) zeigte Arte eine interessante Sendung über die Beziehung zwischen Amerika und Russland während der Obama-Ära und danach während der Trump-Präsidentschaft. Die Sendung „Erzfreunde Trump und Putin“ von Claire Walding (MDR)[1] nahm vordergründig für keinen der beiden Präsidenten Partei ein, aber war zwischen den Zeilen doch recht deutlich bemüht, beide Seiten, Wladimir Putin und Donald Trump, in ihrem Handeln zu verstehen. In diesem Beitrag wurde nicht, wie es sonst oft der Fall war, einseitig gegen Russland Stimmung gemacht. Selbst den 45. Präsidenten der USA konnte ich danach etwas positiver sehen als zuvor. Er ist auch nur ein Abhängiger des mächtigen „Anglo-American Establishment“, wie es Carroll Quigley in seinem gleichnamigen Buch beschrieb. Der amerikanische Historiker (und Lehrer Bill Clintons) hatte schon 1981 darauf hingewiesen, dass in den beiden Ländern Großbritannien und USA eine Elite die Politik bestimmt und nach der Weltregierung strebt. Dies weiß Wladimir Putin natürlich und er versucht auf sehr feine und intelligente Art, diese Gruppe immer wieder auszubremsen. Dennoch gelingt es ihr, ihm immer wieder den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben, was manchmal gefährlich nahe an einen ernsten Konflikt zwischen den beiden hochgerüsteten Nationen geführt hat und führt. Selbst im Augenblick, während wir alle auf die Corona-Pandemie starren, findet an der neuen NATO-Grenze zu Russland ein gigantisches Manöver statt, in dem auch der Einsatz von Atomwaffen geprobt wird.





[3] Damit werden viele jüdische Filmschaffende angesprochen, die sich in den 50-er Jahren vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe  (HUAC) verteidigen mussten

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