Heute Nachmittag hat Arte Richard
Brooks Meisterwerk „The Professionals“ wiederholt und ich habe mir den Film bis
etwas über die Hälfte noch einmal angeschaut, eben bis an die Stelle, wenn kurz
danach das große „Feuerwerk“ losgeht; ich denke, das war auch der Grund, warum
Arte den Film an Silvester ausgestrahlt hat: das große Feuerwerk.
An Silvester hatte Arte also den
Western „Die gefürchteten Vier“ (The Professionals) von Richard Brooks aus dem
Jahre 1966 ins Programm genommen, der zeigte, wie vier Spezialisten auf ihrem Gebiet im Auftrag eines undurchsichtigen Viehmillionärs seine schöne Frau namens
Maria (Claudia Cardinale) „befreien“, die angeblich von dem brutalen mexikanischen
Revolutionär Jesus Raza (Jack Palance) entführt worden war, sich in Wirklichkeit aber wieder ihren mexikanischen Revolutionären angeschlossen hat und Jesus Raza liebt.
Die vier
Spezialisten sind Burt Lancaster, ein Meister für Dynamit, Lee Marvin, ein ehemaliger Army-Offizier und Meisterschütze, Robert Ryan, ein Ex-Kavallerist und Pferdeexperte und Woody Strode, ein Fährtensucher und geschickter Bogenschütze.
Erst jetzt beim Wiedersehen habe
ich gemerkt, wie hervorragend der Film gemacht ist. Abgesehen von den
wunderbaren Landschaftsaufnahmen in den „Painted Mountains“ und abgesehen von
der überaus schönen Claudia Cardinale, die in diesem Film zum ersten Mal in
einer Hollywood-Produktion mitgespielt hat, enthält der Film, der im
Epochenjahr 1917 spielt, auch eine interessante Botschaft. Es wird schon zu
Beginn vom Viehbaron voller Zynismus auf den Namens „Jesus“ hingewiesen, als gesagt wird, dass es wohl keinen
brutaleren Schlächter als diesen Revolutionär Jesus Raza gebe. Später sehen wir, wie er
eigenhändig und völlig kaltblütig eine Reihe gefangener „Colorados“, die an
einem Bahndamm aufgereiht liegen, exekutiert. Das erinnert mich natürlich an
all die furchtbaren Massaker während des Zweiten Weltkrieges, die meistens den
Deutschen angelastet werden, auch wenn es manchmal verbündete Rumänen, Ukrainer
oder Mongolen waren, die die Tötungen ausgeführt haben oder ausführen mussten –
wenn auch im Auftrag sadistischer Nazi-Schergen.
Im Western-Lexikon von Joe Hembus
erfahre ich, was Raza , gespielt von dem Michael-Tschechov-Schüler Jack Palance[1]
am Ende des Films zu seinem einstigen Mitstreiter Bill Dolworth (gespielt von
Burt Lancaster), dem Sprengstoffspezialisten, auf die Frage nach dem Sinn der
Revolution geantwortet hat.
„Dollworth: ‚Die Revolution? Wenn
die Schießereien aufhören und die Toten begraben werden und die Politiker
wieder aus ihren Löchern kommen, stellt sich heraus, dass alles eine verlorene
Sache war.‘ Raza: ‚Na und? Du willst die Perfektion oder nichts. Du bist zu
romantisch, compadre. Die Revolution
ist wie die Geschichte einer großen Liebe. Zuerst ist sie eine Göttin, eine
heilige Sache. Aber alle Liebesgeschichten haben einen schrecklichen Feind: die
Zeit. Wir fangen langsam an, klarer zu sehen. Die Revolution ist keine Göttin,
sie ist eine Hure. Sie war niemals rein, niemals heilig, niemals vollkommen.
Also machen wir uns wieder auf, suchen eine neue Geliebte, eine neue Sache.
Ohne Liebe, ohne eine Sache sind wir nichts. Wir bleiben, weil wir glauben. Wir
gehen, weil wir desillusioniert sind. Wir kehren wieder, weil wir verloren
sind. Wir sterben, weil wir uns engagiert haben.“ (S 249)
Diese Diskussion von einem bis
zum Schluss überzeugten Revolutionär und einem ehemals genauso überzeugten,
aber inzwischen desillusionierten Mitstreiter erinnert mich an das, was ich
heute Morgen zu Beginn des 4. Kapitels („Im Bürgerkrieg“) in dem Buch „Zeihundert
Jahre zusammen – Die Juden in der Sowjetunion“ von Alexander Solschenizyn über Leo Trotzki gelesen habe:
„Trotzkij brüstete sich einmal,
dass er ‚sogar‘ zu Zeiten des Bürgerkrieges aus seiner Kommandozentrale im
Eisenbahnwaggon ‚Zeit fand‘, sich mit Neuerscheinungen der französischen
Literatur bekannt zu machen.
Er hat wohl nicht erfasst, was seine Worte aussagten. Nicht die
Zeit ist wichtig, sondern der Platz, den er dafür in seinem Herzen fand, es
blieb ihm noch Raum, zwischen Aufrufen ‚an die revolutionären Matrosen‘ oder
die zwangsrekrutierten rotarmistischen Einheiten und dem knapp hingeworfenen
Befehl, jeden Zehnten aus einer Einheit, die sich vom Feind hatte zurückdrängen
lassen, zu erschießen; lange genug, um bei der Vollstreckung noch zugegen zu sein, blieb er dann nicht mehr.
In den ausgedehnten Ebenen
Russlands führte er einen blutigen Krieg. Die beispiellosen Leiden der
Einwohner dieses Landes und ihr Schmerz ließen ihn kalt, auf den Flügeln des
internationalistischen Rausches hob er sich weit, weit über all dies weg.
Die Februarrevolution war sozusagen
eine Revolution der Russen: So unbesonnen, fehlerhaft und unheilvoll sie auch
gewesen war, strebte sie doch nicht danach, alles, was aus dem früheren Leben
stammte, zusammenzuschießen, das
ganze frühere Russland auszuradieren. Doch sofort nach dem Oktober 1917 nahm
die Revolution internationale Formen
an und wurde im Wesentlichen destruktiv. Sie nährte sich, indem sie die
vorgefundenen Strukturen verschlang und vernichtete. Alles, was erbaut war,
sollte zertrümmert, alles, was angebaut war, requiriert werden. Die Roten waren
mit nichts Anderem als ihrem großen
sozialistischen Experiment beschäftigt, das auf Wiederholung, Ausweitung und
internationale Verwirklichung abzielte.
Der mit solcher Leichtfüßigkeit,
ohne langes Zaudern geführte Oktoberumsturz artete in einen auf vielen
Schauplätzen ausgetragenen erbitterten dreijährigen Bürgerkrieg aus, der allen
Einwohnern Russlands unsagbare blutige Leiden bescherte.“ (S 128f)
Trotzki, der blutrünstigste der führenden
bolschwestischen Juden – er hieß eigentlich Lew Davidowitsch Bronstein – musste
schließlich vor dem noch blutrünstigeren Georgier Stalin und seinen (meist
jüdischen) Schergen nach Mexiko fliehen, wo ihn die Häscher schließlich doch
aufstöberten und am 21. August 1940 ermordeten.
Der Film „The Professionals“
spielt sieben Jahre nach dem Beginn der zapatistischen Revolution in Mexiko und
man könnte Jesus Raza mit seinem Schnauzer durchaus mit Trotzki verwechseln.
Der Film wird von dem
französischen Kritiker Roger Tailleur in der Zeitschrift Positif außerordentlich gelobt:
„The Professionals ist das
Meisterwerk von Richard Brooks. Betrachtet im Kontext der Weltproduktion, die
derzeit so glänzende Sachen wie „La Guerre est Finie“ hervorbringt, ist der
Film der Meister aller Klassen. Er ist der Cassius Clay des Films von 1966: Der
kräftigste und der wendigste, der effektvollste und der hamonischste,
hochbegabt im Punch und in der Technik, überhaupt nicht begabt im Konformismus,
von großer Eloquenz und Poesie – ganz Brooks, 200 Prozent Brooks, der Brooks,
den wir kennen, der Journalist, der großherzige, der pragmatische, der
Rooseveltianer, und noch ein anderer Brooks, ein gigantischer Brooks, der den
anderen Brooks verdeckt und ihn zgleich komplettiert – der epische, der
lyrische, der shakespear’sche, der verzweifelte Brooks.“ (S 249)
Richard Brooks (1912 – 1982)[2]
stammte wie so viele Große Hollywoods von jüdischen Immigranten ab und hieß
ursprünglich Reuben Sax. Sein wohl spektakulärster und bekanntester Film ist
„Saat der Gewalt“ (Blackboard Jungle) aus dem Jahr 1955, durch den der
Rock’n-Roll-Klassiker „Rock around the Clock“ von Bill Haley & his Comets
weltberühmt wurde.[3]
Eine besondere Leistung von
Richard Brooks war es, dass er für seinen Western „Die gefürchteten Vier“ den
äußerst bekannten amerikanischen Schauspieler Burt Lancaster (1913 – 1994) und
die in Amerika noch unbekannte italienische Schauspielerin Claudia Cardinale,
die bereits 1963 in Luchino Viscontis Meisterwerk „Der Leopard“ (Il Gattopardo)
an seiner Seite gespielt hatte, nur wenige Jahre später wieder gemeinsam vor
die Kamera brachte.
Am Ende des Films darf Jesus, der
neue Paris und Schützling der Liebesgöttin Aphrodite, seine Geliebte
Maria/Helena behalten, während der rechtmäßige Ehemann der Gelinkte ist. Auch die
vier Apokalyptischen Reiter gehen leer aus, beziehungsweise, sie verzichten auf die Belohnung und lassen die gefangenen Jesus und Maria frei. Viva Maria!
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