Dienstag, 28. Januar 2020

"Größte Feinde der Welt"? - Bemerkungen zum Film "Das Tagebuch der Anne Frank" aus dem Jahre 2015 von Hans Steinbichler




Gestern (28.01.2020) Abend zeigte 3SAT im Nachklang des Holocaust-Gedenktages den deutschen Film „Das Tagebuch der Anne Frank“ von Hans Steinbichler aus dem Jahre 2015[1]. Ich habe das Tagebuch leider nie gelesen, obwohl es schon lange in meinem Bücherregal steht – gestern konnte ich es allerdings nicht finden.
Das jüdische Mädchen Anneliese Marie Frank bekam zu seinem 13. Geburtstag am 12. Juni 1942 ein Tagebuch geschenkt. Die Unternehmerfamilie stammte eigentlich aus Frankfurt am Main. Da der Vater eine Dependance seiner Firma „Opekta“ in Amsterdam hatte, floh er mit Frau und zwei Töchtern in die niederländische Stadt, wo die vier recht komfortabel in einem Hinterhaus unterkommen konnten. Später kamen noch ein jüdisches Ehepaar mit Sohn und ein jüdischer Zahnarzt dazu. So lebten also knapp zwei Jahre lang acht Personen in dem ca. 60 Quadratmeter großen Versteck.
Die 16-jährige Darstellerin der Anne Frank, Lea van Acken, ist später durch Filme wie „Ostwind 3“ und „Fack ju Göhte 3“ bekannt geworden. Ich finde, sie spielt das jüdische Mädchen recht überzeugend.
Es ist ein stiller Film, der nicht auf starke Effekte setzt. Am furchtbarsten sind meinem Empfinden nach noch die Szenen, als den drei Frauen nach der Entdeckung und der Deportation am Ende in Auschwitz die Haare geschoren werden.
Ich kann einfach nicht fassen, wie Deutsche bei diesen Verbrechen mitmachen konnten. Es muss eine Art Massenpsychose das deutsche Volk ergriffen haben, ein wirklich böser Geist. Was damals, sieben Jahre vor meiner Geburt, in Deutschland passiert ist, erscheint mir wie ein schlimmer Alptraum, wie ein böser Zauber, in den der größte Teil des deutschen Volkes hinein „gebannt“ worden war. Es kann einfach nicht sein, dass so viele Deutsche freiwillig mitgemacht haben, die völlig irre Idee umzusetzen, das „Deutsche Reich“ judenfrei zu machen.
Als ich gestern nach der Taschenbuchausgabe des Tagebuchs der Anne Frank in meinem Bücherregal suchte, sah ich, wie viele Bücher von jüdischen Autoren ich besitze: acht Bände von Stefan Zweig, sieben Bände von Joseph Roth, fünf Bände von Jakob Wassermann stehen nebeneinander allein in dem Regal in meinem Arbeitszimmer. Die meisten davon waren in den 20er Jahren Bestseller in Deutschland und werden bis heute aufgelegt.
Ich glaube auch nicht, dass eine deutliche Mehrheit in Deutschland vor 1918 antisemitisch eingestellt war. Erst als die Deutschen Angst vor einer kommunistischen Machtübernahme nach dem Ersten Weltkrieg bekamen, wo sie doch erfahren hatten, was das in Russland bedeutete, schwenkten immer mehr – verstärkt durch die Propaganda der neugegründeten NSDAP – um und fassten Misstrauen gegenüber den Juden. Viele Juden waren ja bekannt als Kommunisten.
Ein Übriges taten die Schriften Henry Fords („Der internationale Jude“) und vor allem die „Protokolle der Weisen von Zion“. Ich denke aber nicht, dass solche Pamphlete vor der Machtergreifung  der Nationalsozialisten (1933) weite Verbreitung in der Bevölkerung erlangten. Die Menschen hatten andere Alltagssorgen. Dann allerdings setzte eine massive Hetze in Wort und Bild ein, die viele Deutsche von dem zersetzenden und verschwörerischen Einfluss von Juden überzeugten. Selbst Anne Frank notierte in ihrem Tagebuch, vermutlich von gängigen jüdischen Überzeugungen angeregt, dass es keine größere Feindschaft auf der Welt gebe als die zwischen Juden und Deutschen.
Dieses Zitat wird im Film ausgesprochen und es hat mich erschüttert, dies aus dem Mund eines 14-Jährigen Mädchens zu hören, das kaum in der Lage gewesen sein dürfte, deutsche Kultur in ihrer wahren Tiefe zu kennen. Natürlich gab es, wie wir heute wissen, seit Martin Luther und Richard Wagner immer starke Vorbehalte gegen „jüdisches Wesen“, aber das führte doch im Deutschen Kaiserreich oder in der Weimarer Republik nie zur Verfolgung oder Ausgrenzung jüdischer Mitbürger, sondern ganz im Gegenteil: Juden waren als große Wissenschaftler, Ärzte, Rechtsanwälte und nicht zuletzt als große Musiker und Schriftsteller bei den meisten Deutschen anerkannt und beliebt. Allerdings war auch vielen Deutschen bewusst, dass vom Kommunismus marxscher Prägung durchaus eine reale Gefahr für Deutschland, ja ganz Europa ausging. Ich glaube sogar, dass der hauptsächlich von Juden getragene sowjetische Bolschewismus mit seinem Terror und seinen Lagern die Angst vieler Deutscher vor den Juden befördert und schließlich zu dem weit verbreiteten Antisemitismus geführt hat, den heute so viele den Deutschen vorhalten.
Die Frage, ob Juden die Deutschen tatsächlich als „Erzfeinde“ betrachten und – wenn sie die Macht hätten – mit ihnen genauso verfahren würden wie die Nazis mit den Juden, stelle ich mir manchmal. Es ist ein „Gedankenspiel“ wie zum Beispiel dieses: Wenn Israel die Atombombe Irans fürchtet, so kann ich mir durchaus vorstellen, dass der jüdische Staat durch eine Atombombe auf Teheran einen Dritten Weltkrieg auslösen könnte, der dem Erscheinen des Messias, auf den Teile des jüdischen Volkes in ihrem religiösen Wahn bis heute warten, vorausgehen würde. Das glauben jedenfalls nicht nur orthodoxe Juden, sondern auch fundamentalistische evangelikale Christen.
Hier lauern meiner Meinung nach die wirklichen Gefahren.

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