Donnerstag,
der 6. Februar 1969, 15.30 Uhr
Das Wetter ist heute, wie auch die
ganzen letzten Tage hindurch, zwar frisch, aber sonnig und klar und
dementsprechend ist meine Laune. Eigentlich wollte ich jetzt ja Hausaufgaben
machen (vorhin habe ich zwei Jahrgänge Filmkritik – 1963 und 1964 –
durchgeblättert, die heute mit der Post gekommen sind), aber da mir Mama gerade
wieder einmal gezeigt hat, was sie von mir hält, kann ich nicht umhin, heute
einmal ein wenig darüber zu schreiben, denn das berührt mich sehr. Mama hat mir
gesagt, sie habe einige Seiten aus Ambrose Bierces Kurzroman „Der Mönch und die
Henkerstochter“ gelesen und vergleicht ihn mit Ludwig Ganghofer (Ganghofer ist
nicht gerade „mein Typ“, soweit ich ihn halt bisher kenne). Sie weiß nämlich,
dass ich mich gerade mit Bierce „beschäftige“. Und da das zurzeit so ungefähr
das einzige ist, das ich mir auf literarischem Gebiet zukommen lasse, obwohl
mich Mama schon oft genug gebeten hat, viel mehr und erst einmal einfachere
Sachen wie Freytags „Ahnen“, Eichendorff, Keller oder auch Schiller zu lesen,
meint sie es natürlich nur gut, wenn sie sich darum kümmert, was ich nun
wirklich lese. Mama macht mir also klar, dass sie Ganghofer mit etwa 15 Jahren
gelesen habe und dass sie mich vielleicht doch ein bisschen überschätzt hätte,
weil ich vielleicht doch erst dieses Alter erreicht habe. Aber, fügt sie hinzu,
Waldemar lese doch auch schon andere Sachen wie Alexander von Humboldt und
Ähnliches. Obwohl ich das ja nicht allzu ernst nehmen will, was sie da gemeint
hat, bedrückt es mich doch. Zwar habe ich versucht, Bierce zu verteidigen, aber
der Versuch missglückte. Ich kann das nicht vor Mama. Sie kreidet mir jeden
Fehler an, den ich dabei machen würde, entweder direkt oder aber in Gedanken,
und dann bekomme ich es später einmal zu hören. Und ich mache natürlich Fehler. Meine Argumentation
ist noch brüchig, und das besonders
gegenüber Mama, die sehr kritisch ist – ich meine sogar: zu kritisch mir
gegenüber. Ich weiß, dass ich mich nicht gut ausdrücken kann, mündlich noch
schlechter als schriftlich, und das versuche ich ja auch zu ändern, indem ich
mir vorgenommen habe, mehr zu lesen. Wohlgemerkt und nicht zu übersehen: dazu
hat Mama wesentlich beigetragen. Sie hat mir den Vorschlag gemacht, mehr zu
lesen und so mein Vokabular zu erweitern und meinen Geist zu bilden. Auch weiß
ich, dass ich manchmal eine „lange Leitung“ habe und nicht besonders schnell
kombinieren kann. Ich bin sowieso überall ein bisschen langsam. Das war ich
früher schon. Zu den Schularbeiten brauche ich ungewöhnlich lang, genauso zum
Lesen und dergleichen. Aber, um mich zu verteidigen, nicht unbedingt in dem
Sinne, dass mein Verstand langsam arbeitet, sondern eher deshalb, weil ich beim
Lesen träume oder gründlich und sorgfältig jedes Wort ausmale, wenn ich zum
Beispiel Überschriften schreibe. Ich komme manchmal auch, durch irgendetwas
angeregt, auf andere Gedanken und gehe diesen dann nach. Anstatt pünktlich und
rationell zu arbeiten, träume ich und denke, durch jede Kleinigkeit angeregt,
über jede Kleinigkeit nach. Wenn man aber eine bestimmte Aufgabe vor sich hat,
muss man diese erst einmal beenden und dann, wenn die Zeit gekommen ist, darf
man an andere Dinge denken.
Mama, deren Meinung ich besonders
respektiere, da ich erkannt habe, dass sie meistens recht hat, hält mich für
sonst was, nur nicht für das, was ich zu sein glaube. Anders ausgedrückt: sie
hält mich für ein bisschen zurückgeblieben. Zwar unterhalten wir uns nur sehr
selten ernsthaft – wobei ich sowieso kaum zu Wort komme – und so könnte ich
behaupten, sie kenne mich ja noch gar nicht richtig, aber schließlich bin ich
ihr Sohn und wir sehen uns jeden Tag und sie weiß auch so ungefähr, was meine
Interessen sind und so muss man doch eigentlich annehmen, dass sie mich doch
kennt. Mama hat aber an fast allem, was ich tue und was mich interessiert,
etwas auszusetzen und das im Grunde mit Recht, da sie nur dies eine sieht, nur
sehen kann und so nur aus diesem einen Schlüsse ziehen kann, denn sie zieht,
glaube ich, ziemlich schnell Schlüsse. In letzter Zeit macht sie sich sogar
ernsthafte Sorgen um meine Zukunft und vermutet, wenn ich so weiter mache, dass
ich jämmerlich scheitern würde. „Was soll aus dir nur werden?“, fragt sie; und
wenn sie sowas fragt, dann kommen mir manchmal richtige Zweifel an mir selbst;
denn Mama, die so ungeheuer intelligent ist, kann ja unmöglich auf dem Holzweg sein.
Aber auch ich meinerseits kann nicht glauben, dass alles, was ich bisher getan
habe, falsch gewesen sein soll.
Vielleicht bin ich ein bisschen zu
radikal gewesen. Es könnte ja auch sein, dass Mama ein wenig falsch handelt und
dass ich auch ein wenig falsch handle – jeder die Hälfte; und so ist das
Problem gar nicht so schwer…
Freitag,
der 7. Februar 1969, 14.00 Uhr
Heute Nachmittag fällt Turnen aus, so
dass ich es mir leisten kann, Tagebuch zu schreiben. Zwischen Mama und mir
kriselt es einmal wieder. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, übers Wochenende
zu Tante Rosel nach Erlangen zu fahren, denn sie hatte mich eingeladen. Nun, da
mir Mama klar gemacht hat, dass sie nicht so froh darüber sei, weil das auch
wieder über zehn Mark kosten würde, zumal da sie diese Woche schon neun Mark
für mein Faschingszeug (Hemd und Hut) zahlen musste, werde ich nun wahrscheinlich
doch nicht fahren, obwohl ich mich schon angemeldet hatte und ganz abgesehen von
meiner Freude darauf. Aber es muss nicht sein und es gibt manchmal Wichtigeres
zu tun!...
Gestern sah ich zwei Filme, über die
ich hier, wenn auch etwas willkürlich (dass es gerade diese zwei sind) kurz
schreiben will: den Kurzspielfilm „Aufenthalt im Marschland“ von Jan Troell
(Kamera und Regie) und Henry Kings Hemingway-Verfilmung „The Snows of
Kilimanjaro“ (Schnee am Kilimandscharo, 110 Minuten).
„Aufenthalt im Marschland“ erzählt in
ungeheuer schönen Bildern von dem Entschluss eines Güterzug-Wagenbremsers (Max
von Sydow), plötzlich seine Arbeit zu kündigen und ganz das zu machen, was er
will. Er geht den Schienen entlang durch die wildschöne Landschaft des
Marschlandes, um sich bei einem auswärts wohnenden Mann, bei dem er einkehrt,
ein Brecheisen auszuleihen, mit dem er einen riesigen Felsblock von seinem
Standort löst und einen Hang hinunterrollen lässt. Nachdem er das gemacht hat,
freut er sich und lacht und geht wieder zurück zu seiner Bahnstation.
„Schnee am Kilimandscharo“ (Buch:
Casey Robinson nach dem gleichnamigen Roman von Ernest Hemingway; Musik:
Bernhard Herrmann) ist ein älteres Hollywood-Produkt mit Starbesetzung.[1] Alle Schauspieler
faszinierten mich: Ava Gardener (als Cynthia), Gregory Peck (als Harry Sreet),
Susan Hayward (als Helen) und die Knef (als Gräfin Elizabeth), die ich hier zum
ersten Mal in einem der Filme aus ihrer „amerikanischen Zeit“ sehe. Obwohl es
ein offensichtlich auf den Publikumsgeschmack zugeschnittener Film war –
Charlotte war vollauf begeistert, wie sie mir heute Morgen gestand – ist es
doch ein gut und geschickt gemachter Film des Regisseurs Henry King („Love is a
many-splendored Thing“, „The Song of Bernadette“, „The Gunfighter“, „Jesse
James“ – letztere beiden wohl seine besten; die ersteren typisch Hollywood-,
wenn auch etwas überdurchschnittliche Romanverfilmungen). Die Bilder sind,
außer am Anfang, von eindringlicher Ausdruckskraft und die Montage vielleicht
noch mehr. Vielleicht war es ganz gut, dass ich ihn nicht in Farbe gesehen
habe. Die Story, die ja sowieso eine Adaption – vielleicht nicht einmal eine
besonders gute – des großen Hemingway ist, war dramatisch ausgekleidet und die
Menschen alle von umwerfender Schönheit…
Wenn der ganze Film auch in erster
Linie volle Kassen bringen sollte, so konnte man doch erkennen, dass King, der
ja schon sehr gute Filme gemacht hatte, sich ein wenig Mühe gegeben hat. Das
sieht man schon daran, dass in dem Film Harrys (Gregory Peck) Schriftstellerei
sehr hervorgehoben wird und dass er ernsthafte Grenzen zwischen seinen wirklich
guten Büchern und seinen billigen Unterhaltungsromanen, die ihm Erfolg
einbringen, setzt. Und an einer Stelle (gegen Schluss), als man gerade wieder
so triefend mit dramatischer Handlung überdeckt wurde, sagte die Hayward, um
Peck zu trösten, etwa: „Wenn die Bücher auch keine Kunstwerke waren, so haben
sie doch vielen Leuten große Freude bereitet…“ Im Übrigen will ich nicht immer
gleich so bös sein und mir das Urteil zu eigen machen, der Film sei eine
„verlogene Schnulze“. Das, was da gezeigt wurde, hat einem wirklich Freude
bereitet, auch wenn sie nur kurz war und vielleicht auch nur Illusionen geweckt
hat. Auf jeden Fall dachte man an etwas Schönes, entweder an schöne
Erinnerungen oder an die Zukunft; und wenn es ganz hoch kommt, dann haben sich
vielleicht sogar einige Menschen, die den Film sahen, da sie nicht die Gelegenheit
hatten, das Buch zu lesen, vorgenommen, ihr Leben ein bisschen nach dem Film zu
richten und das kann nur etwas Gutes sein. Und das ist ja meiner Meinung nach
der Zweck eines jeden Kunstwerkes: es soll so geschaffen sein, dass es erregt,
dass es wirkt und durch diese Wirkung in den Menschen dringt und ihn, wenn
möglich, „bekehrt“, oder zumindest auf neue Gedanken und Einsichten bringt.[2]
Schwäbisch Hall, der 7. Februar 2019 (Donnerstag, 9.57 Uhr)
Während Lena in Michelbach arbeitet,
schaue ich einen alten Hollywoodfilm auf meinem Laptop an.
Das kam so:
Nachdem ich Lena zur Arbeit
gebracht hatte, setzte ich mich in mein Arbeitszimmer und tippte den Eintrag
vom 6. Februar 1969 aus meinem Tagebuch, den ich bereits gestern abzutippen
begonnen hatte, fertig ab und ging dann weiter zum 7. Februar 1969.
Eigentlich hatte ich gar keine
große Lust dazu.
Aber ich überwand mich und stieß
auf den Film „Schnee am Kilimandscharo“, eine alte Hollywood-Produktion aus
meinem Geburtsjahr 1952, die ich damals in Schwarz-Weiß im Fernsehen gesehen
hatte und über die ich in meinem Tagebuch schrieb.
Nun stellte ich fest, dass dieser
Film auf der englischen Wikipedia-Seite als „Bonus“ kostenlos anzusehen war und
ich ließ mich verführen und begann, diese damals sehr erfolgreiche
Hemingway-Verfilmung anzuschauen.[3]
Es ist ein Wiedersehen mit zwei
meiner liebsten Hollywoodschauspielern: Gregory Peck und Ava Gardener. Der Film
zeigt, wie sich ihre Filmfiguren einige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg in
Paris trafen. Sie verlieben sich und Cynthia (Ava Gardener) zieht bei dem
Schriftsteller Harry Street (Gregory Peck) in seine kleine Anderthalb-Zimmer-Wohnung
in einem ärmeren Viertel in Paris ein.
Harry hat wohl gerade eine
Schreibblockade. Er erzählt Cynthia von seinem ersten Roman, den er eben
vollendet und an seinen „Publisher“ geschickt hatte. Er nannte ihn „The Lost
Generation“.[4]
Dieser Ausdruck gilt bis heute für jene Schriftsteller, die zwischen dem Ersten
und Zweiten Weltkrieg versuchten, ihren Platz in der Welt zu finden. Viele zog
es damals nach Paris.
In dem Roman ging es, wie Harry
sagt, vor allem um Cynthia, seine erste große Liebe. Von dem Scheck, den ihm
sein Verleger zuschickt, leisten sie sich eine Safari in Afrika.
Und genau da bin ich jetzt beim
Anschauen des Films: in Paris[5]. Und es rührt mich dabei
etwas Unerklärliches an, dem ich weiter nachgehen möchte. Es ist fast eine Art
Schmerz in der Brust.
Ich muss dabei unwillkürlich an D. und vor allem an ihre Mutter, die damals auch in Paris – auf dem Montmartre –
lebte und von einem reichen jüdischen Kaufmann schwanger
geworden war, und die ganze damalige Pariser Atmosphäre denken.
1951, also ein Jahr vor mir, kam
D. in der Stadt an der Seine zur Welt. Sie erinnert mich in gewisser Weise
an Ava Gardener, denn sie war eine schöne, verführerische Frau, aber auch eine
willensstarke Künstlerin und Therapeutin.
Der Schriftsteller Harry Street,
das Alter Ego von Ernest Hemingway, steht in dem Film zwischen zwei Frauen:
Cynthia und Helen. Helen wird gespielt von Susan Hayward. Mit ihr beginnt der
Film in einem Camp am Fuße des Kilimandscharo, wo Harry mit einer gefährlichen
Bein-Infektion auf seinem Feldbett liegt und sich an sein Leben erinnert, so wie
ich es gerade jetzt tue. Helen erinnert mich von der Art her an I., sieht
aber aus wie A..
Helen pflegt Harry und spricht
ihm Mut zu, während die Geier sich schon in der Aussicht auf ein menschliches
Aas auf den umliegenden Bäumen versammeln.
Ich werde den Film jetzt weiter
anschauen, denn ich hatte ihn beim Stichwort „Lost Generation“ nur kurz
unterbrochen, um meine ersten Eindrücke aufzuschreiben.
10.44 Uhr:
Der erste Konflikt ist da.[6] Cynthia erwartet ein Baby
von Harry, traut sich aber nicht, es ihm zu sagen. Harry dagegen will nur
reisen und Abenteuer erleben: zuerst eine Safari nach Afrika, dann nach
Pamplona zum Stierkampf. Er meint, ein Schriftsteller könne nicht still in
seinem Kämmerlein sitzen und schreiben; er müsse zuerst etwas erleben. Aber
Cynthia möchte nichts lieber, als ein kleines Apartment in Paris beziehen und als
Mutter für ihr gemeinsames Kind und ihren Ehemann da sein.
(...)
10.54 Uhr:
Ich muss jetzt unterbrechen, um
uns das Mittagessen vorzubereiten.
11.26 Uhr:
Das Blech mit dem Gemüse (Rote
Beete, Karotten, Kartoffeln, Sellerie, Lauch, Zwiebeln) ist im Backofen. Auch
wenn Lena gerne Fleisch isst, so versuche ich doch, sie mehr zu Gemüse zu
bewegen. Süßigkeiten isst sie bereits wesentlich weniger.
Es ist merkwürdig: nun habe ich
mir Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ zurechtgelegt, aber was
interessiert mich mehr? Hemingway!
Dieser Konflikt bestand schon vor
50 Jahren, als ich – wie ich in meinem Eintrag vom 6. Februar 1969 berichte –
eine Auseinandersetzung mit meiner Mutter hatte, die mir die klassische
deutsche Literatur zur Lektüre empfahl. Ich dagegen hatte damals Gefallen an
einem amerikanischen Schriftsteller, Ambrose Bierce, dessen Kurzgeschichten ich
las.
14.14 Uhr:
Ja, ich wollte auch immer ein bekannter Schriftsteller werden.
Hemingway war, wenn auch sicher unbewusst, mein Vorbild. Die Sprache seiner Kurzgeschichten, die wir im Englisch-Unterricht lasen, gefiel mir. Sie waren auch Ende der 60er Jahre noch modern. Im Bücherregal meiner Eltern fand ich seinen Roman „Der alte Mann und das Meer“ und deshalb hatte der Name immer einen besonderen Klang für mich. Am stärksten aber beeindruckt hat mich die Verfilmung seines Romans „Wem die Stunde schlägt“ mit Gary Cooper und Ingrid Bergman, die ich mit 15 in einem Ansbacher Kino gesehen hatte. Eigentlich habe ich alle seine Bücher als Verfilmungen erlebt und keines bisher im Original gelesen, außer eben die erste Hälfte von „Fiesta“.
Hemingway war, wenn auch sicher unbewusst, mein Vorbild. Die Sprache seiner Kurzgeschichten, die wir im Englisch-Unterricht lasen, gefiel mir. Sie waren auch Ende der 60er Jahre noch modern. Im Bücherregal meiner Eltern fand ich seinen Roman „Der alte Mann und das Meer“ und deshalb hatte der Name immer einen besonderen Klang für mich. Am stärksten aber beeindruckt hat mich die Verfilmung seines Romans „Wem die Stunde schlägt“ mit Gary Cooper und Ingrid Bergman, die ich mit 15 in einem Ansbacher Kino gesehen hatte. Eigentlich habe ich alle seine Bücher als Verfilmungen erlebt und keines bisher im Original gelesen, außer eben die erste Hälfte von „Fiesta“.
Nun lese ich die Geschichte seines Aufstiegs in dem Buch „Und alle benehmen
sich daneben“ (Everybody behaves badly: the true story behind Hemingways
masterpiece ‚The Sun also Rises‘, Boston/New York 2016; deutsch bei dtv-Verlagsgesellschaft,
München 2017). Ich hatte den Band von Lesley Blume nach einer Besprechung auf
SWR2 sofort gekauft. Jetzt bin ich erst einmal bis Seite 36 gekommen.
Vielleicht hängt meine Begeisterung für Hemingway auch damit zusammen, dass
ich selbst in diesem Jahr an einem Roman schreibe, der in Paris spielt.
Leider ruht die Arbeit im Augenblick. Es fehlt mir die Inspiration.
(...)
Was Hemingway gemacht hat, werde ich auch tun: alle Romanfiguren, bis auf
die drei „Verschwörer“, werden reale Vorbilder haben.
(...)
22.21 Uhr:
Nun habe ich den ganzen Film – auf Englisch – angesehen. Merkwürdigerweise
wird in der Geschichte auch wiederholt vom Heiligen Gral gesprochen. Aber ich
habe nicht genau verstanden, wie das gemeint war. Bevor Harry Street nach
Spanien geht, wo er in die Kämpfe des Spanischen Bürgerkrieges verwickelt wird
und dort ein letztes Mal die tödlich verwundete Cynthia sieht, schickt ihn die
Comtesse Elizabeth (gespielt von Hildegard Knef) auf die Suche nach dem „Heiligen
Gral“. Der Roman entstand in diesem Jahr 1936, also unmittelbar nach dem
Bürgerkrieg.
22.33 Uhr:
Eben habe ich bei Wikipedia eine Inhaltszusammenfassung der Kurzgeschichte,
auf die der Film zurückgeht, gelesen. Im Original gibt es keine Cynthia und Harry stirbt zum Schluss. Es trifft mich fast wie ein Schock, als ich lese,
dass eines der literarischen Vorbilder für Hemingways Geschichte die berühmte
Erzählung „Zwischenfall am Owl-Creek“ von Ambrose Bierce ist, die ich mehrmals gelesen
und einmal sogar aufgenommen habe in meine kleine Privat-Anthologie „Eros und
Thanatos“.
[1]
Der Film wurde 1952 unter dem Produzenten Darryl F. Zanuck von der 20th Century
Fox an den Originalschauplätzen in Kenia und an der französischen Riviera gedreht.
Auf der amerikanischen Wikipedia-Seite kann man den ganzen Film heute kostenlos
anschauen: https://en.wikipedia.org/wiki/The_Snows_of_Kilimanjaro_(1952_film)
[2]
Ich glaube nicht, dass ich damals bereits die Kategorien des Aristoteles aus seiner
„Poetik“ kannte, in der er davon spricht, dass die Tragödie die Aufgabe habe,
den Zuschauer durch „Furcht“ und „Mitleid“ zur „Katharsis“ zu führen. Das
gleiche Thema interessierte mich auch in meinem Tagebucheintrag vom 6. Februar
2019, als ich über Mariä Lichtmess, den Groundhog-Day und den Film „Und ewig
grüßt das Murmeltier“ schrieb (07.02.2019).
[4]
In Wirklichkeit hieß Hemingways erster Roman (1926) „The Sun also rises“ (Fiesta).
Er verfasste ihn in seinem 27. Lebensjahr. Ich habe ihn nur zur Hälfte gelesen,
als ich unterbrochen wurde und nicht weiterlas. Ich müsste ihn mir wieder
vornehmen. Auch das Buch „Und alle benehmen sich daneben – Wie Hemingway seine
Legende erschuf“ von Lesley M.M. Blume sollte ich endlich einmal lesen, um mich
in die amerikanische Intellektuellen-Community der 20er Jahre um Ezra Pound,
Gertrude Stein und Pablo Picasso in Paris besser hineinversetzen zu können. Der
Ausdruck „The lost Generation“ stammte eigentlich von Gertrude Stein, die
einmal behauptete, die Juden hätten nur drei wirkliche Genies hervorgebracht:
Jesus, Spinoza und sie selbst (siehe Blume, a.a.O., S 68). Die Gruppe um Ezra Pound und Gertrude Stein hat alles
penibel dokumentiert, was damals in Paris in ihren Zirkel trat. Sie wussten um
ihre Bedeutung für die moderne Literatur.
[5]
Etwa die 30. Minute
[6]
Ca. 43. Minute
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