Dienstag, 4. Dezember 2018

Spirituelles im Hollywoodfilm - "Grand Canyon" von Lawrence Kasdan aus dem Jahr 1991




Am Montagabend (03.12.2018) zeigte Arte den Film „Grand Canyon“ von Lawrence Kasdan, der in den USA (ganz bewusst) am Weihnachtstag des Jahres 1991 in die Kinos kam. Ich hatte von dem Film, der in Berlin den goldenen Bären gewann, bereits gehört, ihn aber bisher nie gesehen. Ich habe „Bodygard“ (1992), für den Kasdan das Drehbuch schrieb, geliebt und seinen Western „Wyatt Earp“ (1994), ebenfalls mit Kevin Costner in der Titelrolle, gesehen.[1]
„Grand Canyon – im Herzen der Stadt“ zeigt eine Gruppe von Menschen, die schicksalsmäßig miteinander verbunden sind und in einer gewissen Weise entdecken, dass das Leben doch sinnvoll ist.
Obwohl es am Anfang des Films eine gefährliche Situation gibt, die dem Film einen ganz anderen Verlauf hätte bescheren können, wendet sich doch alles zum Guten: Der Anwalt Mack (Kevin Kline), der Einwanderer vertritt, versucht auf dem Heimweg von einem Basketballspiel wegen der verstopften Straßen eine Abkürzung zu nehmen und ändert die Fahrtroute. So gelangt er in ein Viertel von Los Angeles, in dem nur Schwarze wohnen und das für Weiße inzwischen zur „No-Go-Area“ geworden ist. Überall liegen kaputte Autos und Müll am Straßenrand. Da bleibt zu allem Unglück auch noch sein eigenes Auto stehen und er kann nicht weiterfahren. Eine Gang Schwarzer wird auf ihn aufmerksam und die vier Männer halten mit ihrem weißen, getunten BMW an, steigen aus und bedrohen Mack, bloß weil er weiß ist. Da kommt der gerufene Abschleppdienst. Der Fahrer, ebenfalls ein Schwarzer, spricht mit dem Anführer der Gang und kann die Situation, die für Mack recht gefährlich aussah, entschärfen. Mack freundet sich nun im Laufe des Films mit dem Schwarzen namens Simon (Danny Clover), der ihn „gerettet“ hat, an.
Beim gemeinsamen Frühstück erzählt Mack Simon die Geschichte, wie er schon einmal gerettet wurde, sich aber anschließend nicht bedanken konnte, weil die Frau, die ihn an einem Zebrastreifen geistesgegenwärtig zurückgehalten hatte, als er loslaufen wollte, aber den heranrasenden Bus übersehen hatte, verschwunden war. Er fragte sich sogar, ob es eine reale Frau war, auch wenn sie eine Mütze von dem Basketball-Team aufhatte, dessen Fan er war. Nun wollte er sich bei Simon bedanken. Dazu hat er ihn zu dem Frühstück eingeladen, vermittelt seiner Schwester eine neue Wohnung und „verkuppelt“ den Geschiedenen später mit einer jungen schwarzen Frau.
Als Mack die Geschichte von seiner wunderbaren „Rettung“ erzählte, wusste ich, worauf der Film hinauswollte.
Lawrence Kasdan hat einige der Drehbücher von George Lucas Star-Wars-Saga geschrieben. In diesen Filmen geht es äußerlich um die Geschichte des Kampfes von guten gegen böse Mächte. Es gibt jedoch viele Hinweise auf die spirituellen Hintergründe eines solchen Kampfes.
Es ist bekannt, dass George Lucas Kontakte zur Waldorfschule in Marin County hatte und sich für Rudolf Steiner interessierte.[2] Vielleicht hat auch Lawrence Kasdan Rudolf Steiner gelesen. Die Szene aus „Grand Canyon“, die ich eben erzählt habe, erinnert jedenfalls sehr stark und fast wörtlich an die Beschreibung Rudolf Steiners von Erlebnissen, die bestimmte Menschen haben, welche in einer gefährlichen Situation plötzlich gewarnt werden und dadurch dem sicheren Tod entgehen, also ihr Leben zum zweiten Mal geschenkt bekommen. Rudolf Steiner nennt Menschen, die so etwas erlebt haben, Schüler von Christian Rosenkreuz.[3]
Vieles in dem Film von Lawrence Kasdan deutet darauf hin, dass der Regisseur ebenfalls ein Schüler von Christian Rosenkreuz ist. Ich müsste ihn noch einmal sehen, um den Hintergrund, der tief in weltanschaulich-philosophische Fragen hineinreicht, die eher ungewöhnlich für einen Hollywoodfilm sind, genauer zu studieren. Ich lese gerade, dass der Film am kommenden Mittwochnachmittag (12.12.) auf Arte wiederholt wird.
In dem Film gibt es interessante Szenen, durch die ein Teil des übersinnlichen Geschehens in das irdische Leben hereinragt. So träumen Mack und seine Frau Claire (Mary McDonnell) eines Nachts gleichzeitig: Der Mann fliegt im Traum über Los Angeles, die Stadt der Engel, um am Ende zu seinem neuen Freund Simon zu gelangen; die Frau träumt, wie sie das ausgesetzte Kind, das sie im realen Leben beim Joggen in einem Gebüsch neben der Straße gefunden hat und adoptieren möchte, nicht finden kann.
Simon, Mack und Claire waren am Anfang eher pessimistisch eingestellt, was die Weltlage zu Beginn der 90er Jahre anbelangt. Der farbige Handwerker Simon bezweifelt sogar, dass der Mensch die Krone der Schöpfung sei. Er erzählt, wie er einmal ein paar Tage am und im Grand Canyon verbracht und dabei gemerkt habe, wie unbedeutend die menschliche Lebenszeit im Vergleich zu den geologischen Zeitaltern der Gesteinsformationen ist, in die sich das Wasser des Colorado-Rivers im Laufe der Jahrtausende eingeschnitten hat (während sich das Colorado-Plateau gleichzeitig um mehrere tausend Meter hob). Simon erzählt so, dass man ihn gleichsam am Abgrund sitzen sieht. Am Ende des Films steht die ganze (karmische) Gemeinschaft an diesem Abgrund, weil sie Simon aus Dankbarkeit für sein neues Glück zu einem Ausflug an den Grand Canyon eingeladen hat.
Es kommt noch eine vierte Figur ins Spiel. Es ist Macks Freund Davis (Steve Martin), der playboyhafte Produzent von Gewaltfilmen. Er wird eines Tages selbst Opfer eines Gewaltaktes. Ein Asozialer taucht plötzlich aus einer Seitenstraße auf und bedroht den Mann, der gerade aus seinem Ferrari steigt, mit der Pistole. Er will nur seine Uhr und schießt ihn in den Oberschenkel. Im Krankenhaus kommt Davis ins Nachdenken und beschließt, in Zukunft keine Actionfilme mehr zu produzieren, in denen die Gewalt im Mittelpunkt steht, sondern Filme, die das Leben bejahen.
Er ändert allerdings später wieder seine Meinung und hat einen Rückfall, weil er meint, Gewalt gehöre nun einmal zur Realität und das Publikum brauche solche Filme als „Ventil“.
Nicht nur in den Träumen ragt Geistiges in das Leben der Protagonisten herein, sondern auch in mindestens drei von nur sehr kurz auftretenden Figuren: Die Frau mit dem Baseball-Cap, die Mack das Leben gerettet hat und die er seitdem für seinen Schutzengel hält, ist positiv gezeichnet.
Es gibt jedoch auch zwei dunkle Gestalten, die in dem Film kurz auftreten. Den Uhrendieb, der Davis in den Oberschenkel schießt, habe ich schon erwähnt. Sein maskenhaftes Hundegesicht erinnert mich an eine Gestalt aus einem anderen Film, vielleicht an eine Gestalt aus dem Film „Ghost – Nachricht von Sam“ (1990). Verbirgt sich hinter dieser Figur ein aus dem Dunkel plötzlich auftauchender ahrimanischer Geist?
Eine andere Gestalt tritt zweimal im realen Leben von Claire und am Ende ihres Traums ein drittes Mal auf. Es ist eine langhaarige, ungepflegte Gestalt, die wie ein drogensüchtiger obdachloser Hippie erscheint, der sich Claire, als sie das Baby mitnehmen will, gleichsam in den Weg stellt. Auch diese Figur habe ich in einem anderen Film schon einmal gesehen: sie ähnelt in Habitus und Aussehen der Gestalt des Chewbacca[4] aus „Krieg der Sterne“. Vielleicht erscheint in ihr eine Art luziferischer Geist.
Solche „Deja-vu“-Erlebnisse werden sehr geschickt in die Handlung eingebaut, um aufzuzeigen, dass es neben der realen Welt noch eine übersinnliche Welt gibt, in der sowohl gute als auch böse Wesen „leben“. Diese jenseitige Welt ragt immer mehr in das Leben der Protagonisten herein und verändert es – zumindest zeitweise, wenn man an den Filmproduzenten Davis denkt, der im Krankenhaus ein quasi-religiöses Erlebnis hatte, von dem er ausführlich spricht, es dann aber wieder verwirft und so weiterlebt wie zuvor.
Das Vorbild für diesen Filmproduzenten war Lawrence Kasdans Freund und Kollege Joel Silver, dem Produzenten von Filmen wie „Predator“, Lethal Weapon  oder „Die Hart“ (Stirb langsam).
Sowohl der Actionfilmproduzent Joel Silver, als auch Lawrence Kasdan und seine Frau Meg Kasdan (geborene Goldman), die am Drehbuch mitgewirkt hat, stammen aus jüdischen Familien.
Diese Tatsache zeigt mir einmal wieder, wie unterschiedlich jüdische Filmleute auf ihr Publikum wirken können: der eine (Joel Silver) bedient den Publikumsgeschmack mit brutalen, menschenverachtenden Actionfilmen, der andere (Lawrence Kasdan) versucht, die Zuschauer zum Nachdenken über Fragen der Moral und der Weltanschauung anzuregen und gelangt erstaunlicherweise ganz nahe an rosenkreutzerische Zusammenhänge heran.
Der „Weihnachtsfilm“ gefiel allerdings manchen Kritikern nicht. Sie sahen in „Grand Canyon“ den Versuch, eine „Soap Opera“ in Spielfilmlänge auf die Kinoleinwand zu bringen. Als der Film auf der Berlinale 1992 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, buhten sie ihn aus.
Solche Leute halten vermutlich Positivität im Kino für Kitsch.
Sie haben entweder keine Ahnung von der Realität der geistigen Welt oder wollen als Freidenker, Atheisten oder Materialisten nichts davon wissen.
Dann sind sie blind für das Wesentliche, denn „nur mit dem Herzen sieht man gut“ („Der kleine Prinz“).


[3] „Diejenigen, die Christian Rosenkreutz zu seinen Schülern machen will, werden von ihm auf eine eigentümliche Weise dazu auserwählt. Es handelt sich dabei darum, dass der also Erwählte achtgeben muss auf ein bestimmtes Ereignis oder mehrere Ereignisse dieser Art in seinem Leben. Es geschieht diese Erwählung durch Christian Rosenkreutz so, dass irgendein Mensch in seinem Leben an einen entscheidenden Wendepunkt, an eine karmische Krise herankommt. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Mensch sei im Begriff, eine Sache zu begehen, die ihn zum Tode führen würde. Solche Dinge können die verschiedensten sein. Der Mensch geht einen Weg, der für ihn sehr gefährlich werden kann, vielleicht bis in die Nähe eines Abgrundes, ohne es zu bemerken. Es geschieht dann, dass der Betreffende vielleicht wenige Schritte vor dem Abgrund eine Stimme hört: Halt ein! So dass er halten muss, ohne zu wissen warum. Tausend ähnliche Fälle kann es geben. Zu bemerken ist allerdings, dass dies nur das äußere Zeichen ist, aber das wichtigste Zeichen der äußeren spirituellen Berufung. Zur inneren Berufung gehört, dass der Erwählte sich mit irgendetwas Spirituellem, Theosophie oder sonstiger geistiger Wissenschaft beschäftigt hat. Das Ihnen genannte äußere Ereignis ist eine Tatsache in der physischen Welt, rührt aber nicht von einer menschlichen Stimme her. Das Ereignis ist immer so gestaltet, dass der Betreffende ganz genau weiß, dass die Stimme aus der geistigen Welt kam. (…)“ (Rudolf Steiner, GA 130)

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