Am Montagabend (03.12.2018) zeigte Arte den Film „Grand Canyon“
von Lawrence Kasdan, der in den USA (ganz bewusst) am Weihnachtstag des Jahres
1991 in die Kinos kam. Ich hatte von dem Film, der in Berlin den goldenen Bären
gewann, bereits gehört, ihn aber bisher nie gesehen. Ich habe „Bodygard“ (1992),
für den Kasdan das Drehbuch schrieb, geliebt und seinen Western „Wyatt Earp“
(1994), ebenfalls mit Kevin Costner in der Titelrolle, gesehen.[1]
„Grand Canyon – im Herzen der
Stadt“ zeigt eine Gruppe von Menschen, die schicksalsmäßig miteinander
verbunden sind und in einer gewissen Weise entdecken, dass das Leben doch
sinnvoll ist.
Obwohl es am Anfang des Films eine
gefährliche Situation gibt, die dem Film einen ganz anderen Verlauf hätte
bescheren können, wendet sich doch alles zum Guten: Der Anwalt Mack (Kevin
Kline), der Einwanderer vertritt, versucht auf dem Heimweg von einem
Basketballspiel wegen der verstopften Straßen eine Abkürzung zu nehmen und
ändert die Fahrtroute. So gelangt er in ein Viertel von Los Angeles, in dem nur
Schwarze wohnen und das für Weiße inzwischen zur „No-Go-Area“ geworden ist.
Überall liegen kaputte Autos und Müll am Straßenrand. Da bleibt zu allem
Unglück auch noch sein eigenes Auto stehen und er kann nicht weiterfahren. Eine
Gang Schwarzer wird auf ihn aufmerksam und die vier Männer halten mit ihrem
weißen, getunten BMW an, steigen aus und bedrohen Mack, bloß weil er weiß ist.
Da kommt der gerufene Abschleppdienst. Der Fahrer, ebenfalls ein Schwarzer,
spricht mit dem Anführer der Gang und kann die Situation, die für Mack recht
gefährlich aussah, entschärfen. Mack freundet sich nun im Laufe des Films mit
dem Schwarzen namens Simon (Danny Clover), der ihn „gerettet“ hat, an.
Beim gemeinsamen Frühstück
erzählt Mack Simon die Geschichte, wie er schon einmal gerettet wurde, sich
aber anschließend nicht bedanken konnte, weil die Frau, die ihn an einem
Zebrastreifen geistesgegenwärtig zurückgehalten hatte, als er loslaufen wollte,
aber den heranrasenden Bus übersehen hatte, verschwunden war. Er fragte sich
sogar, ob es eine reale Frau war, auch wenn sie eine Mütze von dem
Basketball-Team aufhatte, dessen Fan er war. Nun wollte er sich bei Simon
bedanken. Dazu hat er ihn zu dem Frühstück eingeladen, vermittelt seiner
Schwester eine neue Wohnung und „verkuppelt“ den Geschiedenen später mit einer
jungen schwarzen Frau.
Als Mack die Geschichte von
seiner wunderbaren „Rettung“ erzählte, wusste ich, worauf der Film
hinauswollte.
Lawrence Kasdan hat einige der
Drehbücher von George Lucas Star-Wars-Saga geschrieben. In diesen Filmen geht
es äußerlich um die Geschichte des Kampfes von guten gegen böse Mächte. Es gibt
jedoch viele Hinweise auf die spirituellen Hintergründe eines solchen Kampfes.
Es ist bekannt, dass George Lucas
Kontakte zur Waldorfschule in Marin County hatte und sich für Rudolf Steiner
interessierte.[2]
Vielleicht hat auch Lawrence Kasdan Rudolf Steiner gelesen. Die Szene aus „Grand
Canyon“, die ich eben erzählt habe, erinnert jedenfalls sehr stark und fast
wörtlich an die Beschreibung Rudolf Steiners von Erlebnissen, die bestimmte
Menschen haben, welche in einer gefährlichen Situation plötzlich gewarnt werden
und dadurch dem sicheren Tod entgehen, also ihr Leben zum zweiten Mal geschenkt
bekommen. Rudolf Steiner nennt Menschen, die so etwas erlebt haben, Schüler von
Christian Rosenkreuz.[3]
Vieles in dem Film von Lawrence
Kasdan deutet darauf hin, dass der Regisseur ebenfalls ein Schüler von
Christian Rosenkreuz ist. Ich müsste ihn noch einmal sehen, um den Hintergrund,
der tief in weltanschaulich-philosophische Fragen hineinreicht, die eher
ungewöhnlich für einen Hollywoodfilm sind, genauer zu studieren. Ich lese
gerade, dass der Film am kommenden Mittwochnachmittag (12.12.) auf Arte
wiederholt wird.
In dem Film gibt es interessante
Szenen, durch die ein Teil des übersinnlichen Geschehens in das irdische Leben
hereinragt. So träumen Mack und seine Frau Claire (Mary McDonnell) eines Nachts
gleichzeitig: Der Mann fliegt im Traum über Los Angeles, die Stadt der Engel,
um am Ende zu seinem neuen Freund Simon zu gelangen; die Frau träumt, wie sie
das ausgesetzte Kind, das sie im realen Leben beim Joggen in einem Gebüsch
neben der Straße gefunden hat und adoptieren möchte, nicht finden kann.
Simon, Mack und Claire waren am
Anfang eher pessimistisch eingestellt, was die Weltlage zu Beginn der 90er
Jahre anbelangt. Der farbige Handwerker Simon bezweifelt sogar, dass der Mensch
die Krone der Schöpfung sei. Er erzählt, wie er einmal ein paar Tage am und im
Grand Canyon verbracht und dabei gemerkt habe, wie unbedeutend die menschliche
Lebenszeit im Vergleich zu den geologischen Zeitaltern der Gesteinsformationen
ist, in die sich das Wasser des Colorado-Rivers im Laufe der Jahrtausende
eingeschnitten hat (während sich das Colorado-Plateau gleichzeitig um mehrere
tausend Meter hob). Simon erzählt so, dass man ihn gleichsam am Abgrund sitzen
sieht. Am Ende des Films steht die ganze (karmische) Gemeinschaft an diesem
Abgrund, weil sie Simon aus Dankbarkeit für sein neues Glück zu einem Ausflug
an den Grand Canyon eingeladen hat.
Es kommt noch eine vierte Figur
ins Spiel. Es ist Macks Freund Davis (Steve Martin), der playboyhafte Produzent
von Gewaltfilmen. Er wird eines Tages selbst Opfer eines Gewaltaktes. Ein
Asozialer taucht plötzlich aus einer Seitenstraße auf und bedroht den Mann, der
gerade aus seinem Ferrari steigt, mit der Pistole. Er will nur seine Uhr und
schießt ihn in den Oberschenkel. Im Krankenhaus kommt Davis ins Nachdenken und
beschließt, in Zukunft keine Actionfilme mehr zu produzieren, in denen die
Gewalt im Mittelpunkt steht, sondern Filme, die das Leben bejahen.
Er ändert allerdings später
wieder seine Meinung und hat einen Rückfall, weil er meint, Gewalt gehöre nun
einmal zur Realität und das Publikum brauche solche Filme als „Ventil“.
Nicht nur in den Träumen ragt
Geistiges in das Leben der Protagonisten herein, sondern auch in mindestens
drei von nur sehr kurz auftretenden Figuren: Die Frau mit dem Baseball-Cap, die
Mack das Leben gerettet hat und die er seitdem für seinen Schutzengel hält, ist
positiv gezeichnet.
Es gibt jedoch auch zwei dunkle
Gestalten, die in dem Film kurz auftreten. Den Uhrendieb, der Davis in den
Oberschenkel schießt, habe ich schon erwähnt. Sein maskenhaftes Hundegesicht
erinnert mich an eine Gestalt aus einem anderen Film, vielleicht an eine
Gestalt aus dem Film „Ghost – Nachricht von Sam“ (1990). Verbirgt sich hinter
dieser Figur ein aus dem Dunkel plötzlich auftauchender ahrimanischer Geist?
Eine andere Gestalt tritt zweimal
im realen Leben von Claire und am Ende ihres Traums ein drittes Mal auf. Es ist
eine langhaarige, ungepflegte Gestalt, die wie ein drogensüchtiger obdachloser Hippie
erscheint, der sich Claire, als sie das Baby mitnehmen will, gleichsam in den
Weg stellt. Auch diese Figur habe ich in einem anderen Film schon einmal
gesehen: sie ähnelt in Habitus und Aussehen der Gestalt des Chewbacca[4] aus „Krieg
der Sterne“. Vielleicht erscheint in ihr eine Art luziferischer Geist.
Solche „Deja-vu“-Erlebnisse
werden sehr geschickt in die Handlung eingebaut, um aufzuzeigen, dass es neben
der realen Welt noch eine übersinnliche Welt gibt, in der sowohl gute als auch
böse Wesen „leben“. Diese jenseitige Welt ragt immer mehr in das Leben der
Protagonisten herein und verändert es – zumindest zeitweise, wenn man an den
Filmproduzenten Davis denkt, der im Krankenhaus ein quasi-religiöses Erlebnis
hatte, von dem er ausführlich spricht, es dann aber wieder verwirft und so weiterlebt
wie zuvor.
Das Vorbild für diesen
Filmproduzenten war Lawrence Kasdans Freund und Kollege Joel Silver, dem
Produzenten von Filmen wie „Predator“, Lethal Weapon oder „Die Hart“ (Stirb langsam).
Sowohl der Actionfilmproduzent
Joel Silver, als auch Lawrence Kasdan und seine Frau Meg Kasdan (geborene Goldman),
die am Drehbuch mitgewirkt hat, stammen aus jüdischen Familien.
Diese Tatsache zeigt mir einmal
wieder, wie unterschiedlich jüdische Filmleute auf ihr Publikum wirken können:
der eine (Joel Silver) bedient den Publikumsgeschmack mit brutalen, menschenverachtenden
Actionfilmen, der andere (Lawrence Kasdan) versucht, die Zuschauer zum
Nachdenken über Fragen der Moral und der Weltanschauung anzuregen und gelangt erstaunlicherweise
ganz nahe an rosenkreutzerische Zusammenhänge heran.
Der „Weihnachtsfilm“ gefiel allerdings
manchen Kritikern nicht. Sie sahen in „Grand Canyon“ den Versuch, eine „Soap
Opera“ in Spielfilmlänge auf die Kinoleinwand zu bringen. Als der Film auf der
Berlinale 1992 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, buhten sie ihn aus.
Solche Leute halten vermutlich Positivität
im Kino für Kitsch.
Sie haben entweder keine Ahnung
von der Realität der geistigen Welt oder wollen als Freidenker, Atheisten oder
Materialisten nichts davon wissen.
Dann sind sie blind für das
Wesentliche, denn „nur mit dem Herzen sieht man gut“ („Der kleine Prinz“).
[3]
„Diejenigen, die Christian Rosenkreutz zu seinen Schülern machen will, werden
von ihm auf eine eigentümliche Weise dazu auserwählt. Es handelt sich dabei
darum, dass der also Erwählte achtgeben muss auf ein bestimmtes Ereignis oder
mehrere Ereignisse dieser Art in seinem Leben. Es geschieht diese Erwählung
durch Christian Rosenkreutz so, dass irgendein Mensch in seinem Leben an einen
entscheidenden Wendepunkt, an eine karmische Krise herankommt. Nehmen wir zum
Beispiel an, ein Mensch sei im Begriff, eine Sache zu begehen, die ihn zum Tode
führen würde. Solche Dinge können die verschiedensten sein. Der Mensch geht
einen Weg, der für ihn sehr gefährlich werden kann, vielleicht bis in die Nähe
eines Abgrundes, ohne es zu bemerken. Es geschieht dann, dass der Betreffende
vielleicht wenige Schritte vor dem Abgrund eine Stimme hört: Halt ein! So dass
er halten muss, ohne zu wissen warum. Tausend ähnliche Fälle kann es geben. Zu
bemerken ist allerdings, dass dies nur das äußere Zeichen ist, aber das
wichtigste Zeichen der äußeren spirituellen Berufung. Zur inneren Berufung
gehört, dass der Erwählte sich mit irgendetwas Spirituellem, Theosophie oder
sonstiger geistiger Wissenschaft beschäftigt hat. Das Ihnen genannte äußere
Ereignis ist eine Tatsache in der physischen Welt, rührt aber nicht von einer
menschlichen Stimme her. Das Ereignis ist immer so gestaltet, dass der
Betreffende ganz genau weiß, dass die Stimme aus der geistigen Welt kam. (…)“
(Rudolf Steiner, GA 130)
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