Am vergangenen Freitag
(16.11.2018) zeigte 3SAT einen Blockbuster aus dem Jahre 1976: das Remake des
Horrorfilms „King Kong“ aus dem Jahr 1933.
Der Film ist von seiner
künstlerischen Seite her eher uninteressant. Die Story ist banal, konstruiert
und unglaubwürdig. Aber wenn man als geistig geschulter Zuschauer tiefer zu
schauen gewohnt ist, dann lohnt es sich doch, diese Großproduktion von Dino de
Laurentiis anzusehen. Regie führte der handwerkliche Routinier John Guillermin
(1925 – 2015), von dem erst vor wenigen Wochen der Weltkrieg-Eins-Fliegerfilm
„Der Blaue Max“ (1965) auf Arte wieder aufgeführt wurde. Vor knapp drei Jahren
(am 04.01.2016) sah ich seinen Klassiker, die Agatha-Christie-Verfilmung „Tod
auf dem Nil“ (1978), ebenfalls auf Arte.
Die Geschichte um den Riesenaffen
erfand unter anderen der britische Krimi-Autor Edgar Wallace. Das Remake aus
dem Jahre 1976 folgt der Grundkonstruktion ziemlich genau. Es gibt allerdings
ein paar kleine Veränderungen, die nicht uninteressant sind. Die Regisseure
Merian C. Cooper (1893 – 1973) und
Ernest B. Schoedsack (1893 – 1979) waren Abenteurer und Naturfilmer, bevor sie
mit „King Kong“ 1933 ihren ersten Spielfilm schufen, der heute ikonischen
Kultstatus hat.
Der Brite mit französischen
Wurzeln John Guillermin sah den Film als Junge und sagte in einem Interview mit
der Los Angeles Times vom 23. Januar 1977:
„Das Original war Teil meiner
Kindheit und ich liebte es, ja ich träumte davon. Was ich in dem Remake versuchte,
war die Stimmung, in der ich mich fühlte, als ich den Film zum ersten Mal sah, zu
erzeugen, aber ich wollte die Geschichte doch auch für unsere Zeit adaptieren. (...)
Wir möchten doch alle irgendwie zurück zu der lyrischen Geschichte von ‚Die
Schöne und das Biest‘ aus unserer Kindheit.“[1]
Wie stark Kindheitseinflüsse in
solche Filme einfließen, das kann man immer wieder studieren. So wurde das
Remake, das in den USA zur Vorweihnachtszeit 1976/77 in die Kinos kam, „für die
ganze Familie“ empfohlen.
King Kong ist in erster Linie ein
Abenteuerfilm, der wiederum eine ganze Generation von Kindern geprägt hat. So
wird ein Mythos lebendig gehalten.
John Guillermins Film ist ja
nicht das einzige Remake. Der Herr-der-Ringe-Regisseur Peter Jackson, den ich
schon in meiner letzten Filmkritik erwähnt habe, hat im Jahre 2005 erneut eine Wiederverfilmung
King Kongs herausgebracht.
Aber warum wird dieser moderne
Mythos immer wieder belebt? Was drückt sich – spirituell gesehen – in der
Geschichte von King Kong aus?
Es ist ein künstlicher
Kino-Mythos.
Im Original findet der fiktive
Filmregisseur Carl Denham, in dem sich Merian C. Cooper selbst porträtierte,
die geheimnisvolle und ebenfalls fiktive Totenkopf-Insel („Skull-Island“), auf
der der Affe lebt. Im Remake aus dem Jahre 1976 steht Jack Prescott (Jeff Bridges), ein
Assistenz-Professor und Abenteurer im Hippie-Look, der sich vor allem für
Primaten interessiert, im Mittelpunkt der Handlung.
Eine Filmcrew wird in dem Remake
zumindest erwähnt, allerdings ist ihr Boot beim Aufsuchen der Insel explodiert
und nur das hübsche, spärlich bekleidete Starlett Dwan (Jessica Lange[2]) hat
überlebt und treibt auf einem Schlauchboot im Indischen Ozean. Zufällig wird
sie von dem Trawler „Petrox Explorer“ entdeckt und an Bord gezogen. Der Chef
der Ölfirma, Fred Wilson (Charles Grodin)[3] will neue
Fundorte aufspüren und ist deshalb auf Kurs zu einer geheimnisvollen Insel vor
Sumatra, die von einem dichten Nebel verhüllt wird.
Im Original hat die Insel die
Form eines Totenkopfes, weswegen sie „Skull-Island“ heißt.
Wenn man sich ein wenig in der Religions-Geschichte
auskennt, dann weiß man, dass der Hügel „Golgota“ in Jerusalem zu Deutsch
„Schädelstätte“ heißt. Das hebräische Wort wird im Englischen mit „Place of the
Skull“ übersetzt.
Solche Bezüge sind in den Zirkeln
Hollywoods, die solche Mythen erfinden, bestimmt kein Zufall. Der erste Film mit der "Kreatur" (Englisch: "creature") erscheint mit Sicherheit auch nicht zufällig im Jahre 1933, einem Jahr also,
das durch die Zahl 33 an den Tod Christi auf der „Schädelstätte“ erinnert.
Im Remake hat die Insel keinen
Namen.
Im Originalskript des Drehbuchautors
Lorenzo Semple (1923 – 2014)[4] war von
einer Insel die Rede, die nur auf einer Geheimkarte der Vatikanischen
Bibliothek eingezeichnet ist. Diese Idee verwarf jedoch Dino de Laurentiis mit
Rücksicht auf die Katholische Kirche.
Der Nebel, der im Remake über der
geheimnisvollen Insel liegt, erinnert den Kundigen an den untergegangenen
Kontinent „Atlantis“, von dem in den Vulkaninseln der Azoren ebenfalls noch
Reste über den Wasserspiegel des Atlantischen Ozeans herausragen.
In der Region des Indischen Ozeans
befand sich nach den Mitteilungen der Geisteswissenschaft jedoch schon lange vor
der Katastrophe von Atlantis ein Ur-Kontinent. Der ältere Kontinent „Lemuris“ war durch eine
Feuerkatastrophe untergegangen.
In dieser prähistorischen Zeit
herrschten auf der Erde tatsächlich gewaltige Riesen-Tiere, die Dino-Saurier,
aus denen später in den Märchen die Drachen wurden. Unter den Echsen konnte
sich das erste Säugetier, das rattenhaft kleine „Megazostrodon“, nur schwer
entwickeln. Erst nach der Feuerkatastrophe, die durch den Einschlag eines
Riesenmeteoriten im Golf von Mexiko beinahe 80% allen Lebens (und insbesondere die
Saurier) auf dem Planeten auslöschte, konnten sich die Säugetiere und also auch
die Primaten entwickeln. Aber nie hat ein echter Gorilla die Größe erreicht, die dem Film-Gorilla King Kong zugeschrieben wird.
Das Film-Monstrum ist also eine
Mischung aus zwei Evolutionsstufen: die Größe stammt von den Riesen-Echsen des
Erdmittelalters (Mesozoikum), die Gestalt von den Primaten, den angeblichen
Vorfahren des Menschen, aus der
Erdneuzeit (Känozoikum).
Dass der Mensch von einem Tier
abstamme, ist eine relativ moderne Theorie, die erstmals 1859 von dem
britischen Forschungsreisenden Charles Darwin in seinem Buch „The Origin of
Species“ aufgestellt wurde. Heute glaubt die Mehrheit der Menschen an diese
Theorie.
Dabei ist diese Theorie völlig
unmöglich, wenn man sich konkret vorstellt, dass ein Primatenpärchen an einem
Tag vor etlichen Tausenden Jahren ein menschenähnliches Baby zur
Welt bringt, das nicht sofort auf allen vieren laufen kann, sondern zum Laufen
Lernen mindestens ein ganzes Jahr braucht, wie es bei Menschen üblich ist. Die
Eltern hätten es mit Sicherheit bereits in den ersten Tagen ausgestoßen und es
wäre im Dschungel umgekommen.
Nun vermischt allerdings der Film
auch hier wieder die Fakten und zeigt, dass der Riesen-Gorilla menschliche
Gefühle zu der weißen Frau entwickelt, die ihren Namen Dawn (= Morgendämmerung)
in Dwan umgewandelt hat. Dwan unterhält sich in menschlicher Sprache mit dem
Tier und der kindliche amerikanische Zuschauer muss den Eindruck bekommen, dass
King (=König) Kong sie versteht. Die Filmproduktion hat viel Mühe darauf
verwendet, die Gefühle des Riesen-Gorillas so menschlich wie möglich
darzustellen.
Als King Kong, der seine
„Geliebte“ beschützen möchte, am Ende des Films von drei insektenartigen
Helikoptern beschossen wird und tot vom Wolkenkratzer herabstürzt, dann
empfindet der gewöhnliche Zuschauer Mitleid mit ihm.
Schon der Kontrast zwischen dem
hässlichen Monster und der schönen Frau ist ein Motiv, das geschickt mit den
Gefühlen des Zuschauers spielt. Dieses Motiv hat bereits Madame Leprince de
Beaumont 1759 in ihrem Kunstmärchen „La Belle et la Bete“ (Die Schöne und das
Biest) aufgegriffen. Die Urform erschien schon in der Antike bei dem
Schriftsteller Apuleius in dem Mysterien-Roman „Der Goldene Esel“ (auch
„Metamorphosen“ genannt) mit der Geschichte von „Amor und Psyche“.[5]
Auf der Insel lebt ein primitives
Volk, das den Riesen-Affen wie einen Gott verehrt und ihm regelmäßig
Menschenopfer bringt.
Dieses „Göttliche“ im Affen
betont auch der Name „King“. Er ist für die Ureinwohner der Insel so etwas wie
der „König der Könige“, den sie feiern und dem sie opfern. Auch hier wieder
eine Anspielung auf den christlichen Gott, dem der römische Statthalter Pontius
Pilatus in der Inschrift am Kreuz gegen den Protest der Pharisäer und Sadduzäer
den Titel „Rex Judaorum“ (=König der Juden) gab.
Diese wenigen Hinweise mögen
genügen, um zu zeigen, dass Hollywood in dem Film-Mythos von King Kong sehr
geschickt und subtil ein Gegenbild zu Christus aufbaut, der nach den
geisteswissenschaftlichen Angaben Rudolf Steiners am Beginn der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts in
ätherischer Gestalt wieder erscheinen sollte und auch tatsächlich einzelnen Menschen wieder erschienen ist.
Der für mich bemerkenswerteste
Unterschied zu dem ersten King-Kong-Film ist, dass das Monster 1976 nicht, wie 1933, mit seiner weißen Geliebten
auf das Empire State Building klettert, sondern auf die erst kurz zuvor
errichteten Türme des World Trade Centers. Es springt in der Schlussszene sogar
vom Nord- auf den Südturm, weil es von Flammen werfenden Feuerwehrleuten
verfolgt wird.
Interessant ist die filminterne Erklärung
für diese Änderung der Geschichte. Dem Affenforscher Jack fällt auf der Flucht
durch Manhattan plötzlich ein, dass es auf der Insel King Kongs einen
Doppel-Felsen gab, der wie zwei Hörner aussah. Nun weiß er plötzlich, dass das
Monster die zwei Türme des World Trade Centers als Fluchtort wählen wird, weil
es in ihnen etwas erkennt, was an seine Heimat erinnert.
So geschieht es nun auch und deshalb endet der Film mit spektakulären Szenen auf und um das World Trade Center, das
exakt 25 Jahre später das Ziel eines Terror-Anschlages wurde, der das Gesicht
des 21. Jahrhunderts geprägt hat und noch lange prägen wird.
[2] Es war
die erste Rolle des damals 27-jährigen Fotomodells.
[3] Charles
Grodin spielte in Roman Polanskis „Rosemarys Baby“ (1968) den Frauenarzt Dr.
Hill, dem sich die schwangere Rosemay Woodhouse (Mia Farrow) zuerst anvertraut,
bevor sie auf den Ratschlag ihres Mannes Guy (John Cassevetes) und ihrer
satanistischen Nachbarn, den Castevets, zu Doktor Sapirstein wechselt, der dann
am 24. Juni 1966 ihr Baby, den Teufel, entbindet. Roman Polanski war Dino de
Laurentis erste Wahl, als er einen Regisseur für „King Kong“ suchte. Der Pole
sagte jedoch ab.
[4] Der
Drehbuchautor Lorenzo Semple hat den Batman-Mythos für das amerikanische
Fernsehen entdeckt und 1966 auch das Drehbuch für den ersten Kino-Film (zu
Deutsch: „Batman hält die Welt in Atem“) mit dem „Fledermaus-Mann“ geschrieben,
ein anderer Kino-Mythos, den Hollywood der Menschheit beschert hat. Besonders
gelungen finde ich sein Drehbuch zu dem Agententhriller „Die drei Tage des
Condor“ von Sidney Pollak (1975).
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