Gestern Abend (28.07.2017) wurde die Neuinszenierung der Wagner-Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" zur Eröffnung der diesjährigen Bayreuther Festspiele, die am Dienstag, den 25.Juli 2017 stattfand, auf 3SAT ausgestrahlt (http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=68031)
Barrie Kosky hat eine durchaus
intelligente und ästhetisch interessante Interpretation der „deutschesten aller
Opern“ gegeben.
Seine Fassung spielt ästhetisch
auf drei Ebenen: Einmal versetzt er die Zuschauer in die Zeit der Renaissance:
Die Meistersinger sehen tatsächlich wie reiche Nürnberger Bürger aus, die von
Albrecht Dürer gemalt worden sein könnten. Das ist die eigentliche, die
traditionelle Ebene der Handlung.
Die zweite Ebene ist die Persönlichkeit
Richard Wagners, die in der Inszenierung immer gegenwärtig ist, und zwar in
(mindestens) dreifacher Ausfertigung: als Hans Sachs, als Walter von Stolzing
und als David. Alle drei haben den typischen Wagner-Bart und tragen immer
wieder das typische Wagner-Barett.
Eine dritte Ebene wird geschickt
durch das Bühnenbild eingefügt: der erste Aufzug spielt statt in der Nürnberger Katharinenkirche in einem Salon der
Villa Wahnfried in Bayreuth, in der sich zum Vorspiel Richard Wagner, Cosima
Wagner, Franz Liszt und Herrmann Levi wie die vier Evangelisten versammeln.
Alle Personen sind historisierend gekleidet und porträtiert: jede ist sofort
als die gemeinte erkenntlich.
Die versammelten Personen
verwandeln sich zur ersten Szene hin in die Figuren der Oper, nachdem aus dem
Flügel noch fünf andere Wagner-Konterfeis herausgekrochen kamen wie Babys aus
dem Mutterschoß oder Reptilien aus einem Ei: ein Wagner wird zu Walter, der
nächste zu David, Cosima zu Eva, Levi zu Beckmesser, Liszt zu Veit Pogner und
der letzte beziehungsweise erste Wagner zu Hans Sachs. Das ist sehr gut gemacht und sorgt für innere
Bezüge.
Barrie Kosky, der, wie er sagt, ein durchaus
zwiespältiges Verhältnis zu Wagner hat, ihn aber neben Bach und Mozart für
einen der größten deutschen Komponisten, kurz für ein Genie hält, teilt das
übergroße „Ego“ Wagners in seiner Inszenierung in die drei Hauptfiguren auf. In
einem Interview sagte er, Wagner habe sich in der Oper, die in der
Johanni-Nacht und am Johannis-Tag spielt, zugleich als Verkünder Christi, also
als Johannes der Täufer, (Hans Sachs und sein Lehrling David) und als die Erfüllung, also als Christus selbst (Walter von Stolzing) gesehen.
Ich kenne Richard Wagner zu
wenig, um das bestätigen zu können. Aber es ist die – sehr ironische –
Sichtweise eines Juden, der ja – von Natur aus – gar nicht an den Christus
glaubt. Für ihn ist das ganze Heilsgeschehen daher nur ein „Spiel“. Genauso
erscheint mir das Bühnenbild des zweiten und dritten Aufzugs wie eine
beziehungsreiche „Anspielung“: Der mit Bildern und einer umfangreichen
Bibliothek an den holzgetäfelten Wänden geschmückte üppige bürgerliche Salon
der Villa Wahnfried aus dem ersten Aufzug verwandelt sich in den Gerichtssaal
der Nürnberger Prozesse im zweiten und dritten Aufzug.
Diese Verwandlung vollzieht sich
stufenweise. Im zweiten Aufzug, der im Original auf einer mittelalterlichen
Nürnberger Gasse spielt, ist der Saal leer und auf seinem Parkett breitet sich
zwischen den Wänden eine künstliche Wiese aus. Erst im dritten Aufzug
verwandelt sich auch diese Wiese in einen Parkettboden und das Bühnenbild in
eine bis ins kleinste Detail originalgetreue Rekonstruktion des Saales, in dem
die vier Siegermächte, deren Flaggen deutlich sichtbar und dominierend an der
gegenüberliegenden Wand hängen, über Deutschland Gericht saßen und 23 der Haupt-Kriegsverbrecher
zum Tode durch den Strang verurteilten. Nur einer wurde zu lebenslanger Haft
begnadigt: Rudolf Hess.
Diese Sichtweise ist zwar
möglich, aber sie ist wirklich böse, um nicht zu sagen: perfide.
In den „Meistersingern von
Nürnberg“ wird – lange vor dem Dritten Reich – das wahre deutsche Wesen
gefeiert, das nichts Böses kennt. Und nun wird diese Feier statt auf die „Festwiese“
in einen Raum versetzt, der die
Zuschauer mehrere Stunden lang an die größte Schande Deutschlands erinnern
soll: in den Saal der Nürnberger Prozesse. Jedem Zuschauer aus dem
Premierenpublikum[1] wird
dadurch signalisiert: das „gute Deutschland“ ist in Wirklichkeit sehr
ambivalent: es hat auch ein abgrundtief böses Deutschland gegeben. Dieses
dämonische Bild wird täglich und eben auch durch die Inszenierung von Kosky neu
„aufgefrischt“, während das eigentliche Wesen Deutschlands lediglich im ersten
Aufzug als gutbürgerliche Kulisse ironisiert wurde, in der „deutsche Kultur“
nur noch „Dekor“ ist.
Als wollte Kosky die Geister
Deutschlands[2] für immer
bannen, stellt er im dritten Aufzug an den rechten Rand des Saales einen GI,
der wie ein Wächter aufpasst, dass alles im Sinne der Siegermächte verläuft.
Das tut weh, insbesondere wenn
man nach und nach bemerkt, dass Herr Kosky die spirituelle Dimension der Oper
ignoriert oder besser gesagt: ironisiert. Er inszeniert sie wie eine „tief
schwarze Comedy“, wie er in einem Interview selber sagte. Dabei verfällt er in
Bühnenbild und Kostümen in einen Naturalismus, den ich eigentlich schon längst für
überwunden glaubte. Nur zweimal erlaubt sich Kosky eine symbolistische
Anspielung, als er nämlich hässliche Gestalten von Juden auftreten lässt, die
dem Klischee des deutschen Antisemiten vom „verschlagenen Juden“ entsprechen
sollen: so endet zum Beispiel der zweite Aufzug mit einer Fratze, die sich
überdimensional vergrößert, weil sie wie ein Luftballon aufgeblasen wird und
zum Schluss bis an die Decke des Gerichtssaales reicht und böse auf das Publikum
herab schaut. So hält Kosky den Deutschen einen Spiegel vor, in dem sie ihr eigenes
Bild vom "bösen" Juden wiedererkennen sollen, das natürlich in dieser Karikatur nicht der
Realität entspricht. Es ist das selbe Zerrbild, das Hollywood in unzähligen Filmen[3]
vom bösen Deutschen zeichnet.
In keinem Augenblick soll man
offenbar vergessen, dass der Regisseur Barrie Kosky der erste jüdische Künstler
ist, der in Bayreuth inszeniert. Sein „Ego“ ist in jeder Szene genauso präsent
wie die drei „Alter-Egos“ von Richard Wagner.
Immerzu muss ich daran denken,
wie viel Geld allein in den edlen Kostümen steckt. Noch viel mehr dürfte das
aufwendige Bühnenbild mit all den detailgetreuen Requisiten, angefangen vom Nachkriegs-Mobiliar
über die alten Schreibmaschinen und die alten Mikrophone, die auf den Tischen
herumstehen, bis zu den reich profilierten Wänden gekostet haben. Natürlich wird Herr Kosky für seine Arbeit ebenfalls
eine ordentliche Summe bekommen haben.
Die FAZ stellte in ihrer Ausgabe
vom Eröffnungstag der Festspiele (25.07.2017) in ihrem Feuilleton alle Kosten
detailliert zusammen und kommt auf unglaubliche Summen im mehrfachen
Millionenbereich[4], die nur
zum geringeren Teil von den Preisen für die Eintrittskarten[5]
gedeckt werden.
Beim Betrachten der Oper fragte ich
mich immer wieder: Hat sich dieser Aufwand für das Event, zu dem die Eröffnung der
Bayreuther Festspiele geworden ist, wirklich gelohnt?
Ich hatte in der Vorbereitung den
Text der „Meistersinger von Nürnberg“ in dem kleinen Reclam-Bändchen gelesen, das
man für wenige Euros kaufen kann. Ich kann auch gerne auf die Musik Wagners verzichten,
die mir nur zum Teil gefällt. Aber die Lektüre hat mir ein ganz anderes Bild der
Oper vor das innere Auge gezaubert als das, welches ich gestern zum ersten Mal in meinem Leben gesehen
habe.
Das prägt.
1845 hatte Richard Wagner gerade
den „Tannhäuser“ fertiggestellt. Nun reifte in ihm der Gedanke, der Tragödie
ein „Satyrspiel“ folgen zu lassen, wie es im antiken Theater üblich war. Im
„Tannhäuser“ wurde ein Wettbewerb („Agon“) mit hochgestelltem, das heißt:
adligem Personal vorgeführt. Die Oper handelt vom legendären „Sängerstreit auf
der Wartburg“, auf dem einst im Beisein der Heiligen Elisabeth von Thüringen der
Gralsdichter Wolfram von Eschenbach gegen den Zauberer Klingsor antrat. Es ist
die Zeit der Minnesänger. Tannhäuser war einer von ihnen. Sein Bild zeigt auch
die „große Heidelberger Liederhandschrift“ („Codex Manesse“).
„Die Meistersinger von Nürnberg“ sind das Gegenstück. Hier treten die
Bürger in einen Sangeswettstreit. Die Komik entsteht dadurch, dass sich die
Bürger in ihrem Eifer, die Adligen nachzuahmen, strikte Regeln auferlegen, an
die sich die Teilnehmer in ihren Sangesbeiträgen halten müssen. Sie sperren
sich sozusagen selbst in die berühmten „spanischen Stiefel“ ein, welche die
Adligen großzügig verwerfen können, wenn es ihnen passt. Letztere stellen sich unter
keinen Zwang, sondern fühlen sich als „frei geboren“.
Ein Vertreter dieses Adels tritt
auch in den "Meistersingern" auf: es ist der Junker aus dem Frankenland, Walter
von Stolzing, der als seinen Lehrer Walter von der Vogelweide angibt, der auch
schon in Wagners „Tannhäuser“ aufgetreten war. Hans Sachs, der Schuhmacher,
protegiert den Adligen, der sich in Eva, die schöne Tochter des Goldschmieds
Veit Pogner, damals wohl der reichste Mann Nürnbergs, verliebt hat.
Walter tritt im dritten Aufzug
gegen Sixtus Beckmesser an, der eine Abschrift des Textes von Walters Lied, das
Hans Sachs mitgeschrieben hatte, ergattert und es in verballhornter Form ohne
Sinn und Verstand vorträgt.
Der Zeitpunkt des Wettbewerbs
wurde traditionell auf den 24. Juni, den Johannes-Tag, gelegt. Dieser Tag war
den Nürnberger Meistersingern, die sich in der Katharinen-Kirche zu versammeln
pflegten, heilig. In der Oper treten an diesem Tag zwölf Handwerks-Meister an:
der Schuster Hans Sachs, der Goldschmied Veit Pogner, der Kürschner Kunz
Vogelsang, der Spengler Konrad Nachtigall, der Bäcker Fritz Kothner, der
Zinngießer Balthasar Zorn, der Würzkrämer Ulrich Eißlinger, der Schneider
Augustin Moser, der Seifensieder Hermann Ortel, der Strumpfwirker Hans Schwarz
und der Kupferschmied Hans Foltz. Einer (Niklaus Vogel) kann nicht kommen, weil
er krank ist. Dafür wird als Dreizehnter der Neuling Walter von Stolzing durch
eine Art Freisprechung, die bereits am Vortag stattfand (erster Aufzug), zugelassen,
auch wenn er bei dieser nach den „Regeln der Kunst“ „versungen“ hat. Dennoch
gewinnt der Adelsspross am Schluss den Wettbewerb.
Wagner hat mit Sicherheit die
symbolische Zahl „zwölf“ in Anlehnung an die zwölf Apostel gewählt, die sich um
einen „Dreizehnten“ scharen. Dabei tragen drei der Apostel den bedeutsamen
Namen „Hans“. Es gibt ja auch im Neuen Testament drei Johannes: Johannes der
Täufer, Johannes, der Sohn des Zebedäus und Johannes, der Evangelist.[1]
Nun ist der Johannestag nicht nur
für die Zunftvereinigung der Meistersinger von Nürnberg von Bedeutung, sondern
auch für die am 24. Juni 1717 in London gegründete erste Freimaurerloge und all
ihre Nachfolger-Logen. Vor kurzem feierte die Freimaurerei ihren 300.
Gründungstag. Gerade in Bayreuth gibt es eines der wichtigsten
Freimaurer-Museen der Welt, in dem man sich eingehend über diese Verbrüderung
informieren kann.[2]
Richard Wagner hat sich in seiner
Bayreuther Zeit mit dem Gedanken getragen, dem Bund beizutreten. Sein
Schwiegervater Franz Liszt war Freimaurer, sein Enkel gehört heute noch der
Bayreuther Loge an.
Sagen aus dem Artuskreis und
germanische Sagen waren Wagners liebste Vorlagen. Besonders „Lohengrin“ und
„Parsifal“ beziehen sich auf das Gralsgeschlecht. „Die Meistersinger von
Nürnberg“ sind da eher eine Ausnahme. Sie rücken auch zeitlich viel näher an
das 19. Jahrhundert heran.
Dennoch ist auch diese Oper –
ganz anders, als es Kosky in seiner Inszenierung zeigt – offen für dahinter
stehende mythische Bilder. Immer wieder muss ich an die Darstellungen Albrecht
Dürers denken, der sich selbst in seinem berühmten Selbstporträt in der Pose
des Christus dargestellt hat. Er und sein tief empfundenes johanneisches
Christentum stehen im Hintergrund von Wagners Oper, die am 21. Juni 1868 am
Münchner Hof- und Nationaltheater uraufgeführt wurde, nachdem er die Partitur
am 20. Oktober 1867 im Idyll von Triebschen am Vierwaldtätter See vollendet
hatte. Insgesamt hat die Oper also einen Reifungsprozess von mehr als drei
Jahrsiebten durchgemacht.
Mit der Uraufführung begann ein
„Siegeszug, der in der Operngeschichte kaum seinesgleichen kennt.“ (Wilhelm
Zentner im Vorwort zur Reclam-Ausgabe von 1975).
Wenn man noch einen Schritt
weitergeht, dann kommt man in tiefste spirituelle Zusammenhänge. Richard Wagner
soll nach Andeutungen Rudolf Steiners der wiedergeborene Zauberer Merlin gewesen
sein, was mir unmittelbar einleuchtet.
Erst wenn man diesen Faden
weiterverfolgt, kommt man dem tieferen Sinn der Opern Wagners näher. Dann erst
erschließt sich ihre tiefe Spiritualität ganz. Aus dem Artuskreis, mit dem sich
Merlin tief verbunden fühlte, können heute die Impulse für eine Kultur der Zukunft
hervorgehen, an der Richard Wagner in seinem Schaffen dachte, eine Kultur der höchsten
Kunst.
Im 19. Jahrhundert wurde dieser Plan
allerdings noch durch die Ermordung Kaspar Hausers (Parzival) vereitelt. Aber irgendwann
werden die wiedergeborenen Grals- und Artus-Rtter von neuem den Versuch beginnen,
die Kunst zu retten.
[1] Darunter
das schwedische Königspaar als Vertreter des Hochadels und Frau Merkel mit
Ehemann als Vertreter der modernen deutschen Demokratie.
[2] In der letzten Szene singt Hans Sachs, dessen
eigentlicher Tag jener Johanni-Tag ist,
weil er auf den typisch deutschen Namen „Hans“ (= Johannes) getauft wurde: „Was
deutsch und echt, wüsst‘ keiner mehr,/lebt‘s nicht in deutscher Meister
Ehr‘:/Drum sag ich Euch:/Ehrt eure deutschen Meister,/dann bannt Ihr gute
Geister!/Und gebt Ihr ihrem Wirken Gunst,/zerging‘ in Dunst/das Heil’ge
Röm’sche Reich,/uns bliebe gleich/die heil’ge deutsche Kunst!“
[3] Eben wieder
in Christopher Nolans „Dunkirk“.
[4]
Gesamtetat: 22 927 400.-Euro, davon 77% Personalkosten.
[5] Die
günstigste war für 13.- Euro, die teuerste für 400.- Euro zu haben.
Das ist der reinste Hohn für die Deutschen. Der Inszenierer von der Nationalität und Religion Jude, hat entweder ein Problem oder ist von Grund auf böse. Denn das Thema hat er komplett - nach Wagner - verfehlt!
AntwortenLöschen6 setzen!
ODER, was ich nicht glaube....lol..:
Er will den im Publikum Politmarionetten und Angehörige z.B. Richter oder Wirtschaftslobbyisten sitzenden zeigen: Hier Nürnberg 2 - so schauts aus....