Am Sonntagabend ( (03.05.2020) zeigte Arte den
Klassiker „Verdammt in alle Ewigkeit“ (From Here to Eternity) von Fred
Zinnemann aus dem Jahre 1953. Angekündigt wurde der Film auf dem
deutsch-französischen Fernsehkanal von einer Frauenstimme mit folgenden Worten:
„Acht Oscars und ein berühmter Kuss.“
Ich hatte den Film zum ersten Mal
mit 15 Jahren im Sommer 1967 während einer Radtour in einem Würzburger Kino
gesehen. Ich war schon damals total beeindruckt von den Schauspielern Burt
Lancaster, Montgomery Clift und Frank Sinatra, die in dem Film die drei
Hauptrepräsentanten der amerikanischen Infanterie verkörperten. Burt Lancaster
als Sergeant Milton Warden den tapferen, korrekten Soldaten, die reine
männliche Kraft, den Willensmenschen, Montgomery Clift als Soldat Robert E. Lee Prewitt
den sturen Einzelgänger, der seine Prinzipien über die Befehle der Vorgesetzten
stellt und deswegen nicht befördert, sondern geschunden wird, und Frank Sinatra
als Angelo Maggio, der einfache Soldat, der nur auf das Wochenende wartet, um
sich zu betrinken. Der Film nach dem gleichnamigen Roman von James Jones[1]
spielt im Jahre 1941 in Hawaii kurz vor dem japanischen Überfall auf den
amerikanischen Militärstützpunkt auf der Hauptinsel Oahu mitten im Pazifik am Sonntag,
den 7. Dezember.
Prewitt („Prew“) ist eigentlich
die Mittelpunkt-Figur in dem Drama: er wird sowohl Angelos als auch Wardens
Freund. Prewitt und Warden lernen nahezu parallel zueinander jeweils eine Frau
kennen: Der Sergeant die blonde Frau seines Vorgesetzten Oberst Holmes, Karen
(Deborah Kerr), mit der er eine Affäre beginnt, und Prewitt die dunkelhaarige
Clubangestellte Alma Lorene Burke (Donna Reed). Im letzten Bild des Films sieht
man die beiden Frauen nebeneinander auf der Reling eines Schiffes stehen, das
sie nach dem Angriff der Japaner zurück in die Vereinigten Staaten bringt. Jede
wirft einen Blumenkranz ins Meer, vielleicht, um des tatsächlichen (Prewitt)
oder bevorstehenden (Warden) Todes ihrer Geliebten zu gedenken. Sie unterhalten
sich über die Tradition der Ureinwohner: Wenn die Blumenkränze an Land schwimmen,
werden sich die Geliebten wiedersehen, wenn sie hinaus aufs offene Meer schwimmen,
nicht.
Angelo Maggio offenbart das Dilemma
der Army: der italienisch-stämmige Soldat, der als einziger im Film keinen
Trost bei einer Frau, die ihn liebt, findet – er tanzt im Club am liebsten mit einer,
die einen Kopf größer als er ist – findet sein Heil im Alkohol. Er
repräsentiert zwischen dem Willensmenschen Warden und dem Kopfmenschen Prewitt
den Gefühlsmenschen. Aber sein Gefühl ist wie vernichtet. Er duldet zwar im
Gefängnis die täglichen Schläge des sadistischen Wärters James „Fatso“ Judsons – gespielt von Ernest Borgnine – aber er zerbricht daran auch.
Alle drei Charaktere können ihre tieferen Gefühle im alltäglichen Drill der Armee
nicht ausleben. Deswegen scheitern auch die Beziehungen und die Männer bleiben zum
Schluss allein. Sie sind mit der Army „verheiratet“, die sie früher oder später
zerstören wird.
Der Film strahlt die Stimmung des
Existentialismus aus. Einmal sitzen Warden und Prewitt betrunken auf der Straße
und philosophieren über die Sinnlosigkeit des Lebens. Sie hoffen geradezu
darauf, von einem heranbrausenden Laster überfahren zu werden. Beide hassen im Grunde
ihren Dienst: Warden will nicht Offizier werden und Prewitt bleibt lieber
einfacher Soldat, anstatt sich als ehemaliger Mittelgewichtler durch Boxkämpfe
zu profilieren und befördert zu werden.
Was der Film für Amerikaner
bedeutet hat, kann ich schwer einschätzen. Ich aber habe mich bei den Bildern
an Amerikaner erinnert, die ich als Jugendlicher erlebt habe. Es war vor allem
ihre Coolness, die mich fasziniert hat:
Natürlich ist so eine Figur wie Burt Lancaster als Mann („a real man“)
geradezu ein Idol der männlichen Jugend. So hart und gleichzeitig einfühlsam
möchte jeder Junge sein. Die Alternative ist Montgomery Clift. Er ist die
Verkörperung des Einzelkämpfers, der seinen Weg konsequent geht und dabei auch
Demütigungen bis zu einem gewissen Grad in Kauf nimmt. Sein Trompetenspiel ist
berühmt, vor allem, als er für seinen toten Kameraden Maggio (Mai) den
Zapfenstreich (Englisch: „Taps“) spielt.
Wie der damals auf einem
Tiefpunkt seiner Karriere angekommene Frank Sinatra zu seiner Rolle in dem Film
„Verdammt in alle Ewigkeit“ gekommen ist, wird unterschiedlich überliefert. Die
einen sagen, die Mafia hätte Columbia-Boss Harry Cohn „überredet“, indem sie
ihm einen abgeschnittenen Pferdekopf ins Bett legten. Diese Szene wird in dem
Film „Der Pate“ kolportiert. Andere behaupten, Ava Gardener, die damalige
Ehefrau des Sängers, habe sich bei Cohn für ihn eingesetzt.
Nach dem Film kommt ein Porträt
Frank Sinatras. Ich hatte noch nie viel Sympathie für diesen Mann, der als „ol
blue Eyes“ mit seinem vor Selbstmitleid triefenden Gesang berühmt wurde und für
mich eher die negative Seite Amerikas mit Casinos, Mafia und Nachtclubs
repräsentiert. In seinen Konzerten feierten sich vor allem die neureichen
Emporkömmlinge, die Ungebildeten und Eingebildeten der amerikanischen
Gesellschaft. Sinatra ist für mich geistig gesehen ein Leichtgewicht, das nur
durch seinen starken Ehrgeiz und die Hilfe einflussreicher Kreise im
Hintergrund die „Stimme Amerikas“ werden konnte. Obwohl er zweimal durch das
Tal der Tränen gehen musste, hat er seinen Charakter nicht wirklich verändert.
Er lebte in Las Vegas vorwiegend in der Nacht, trank übermäßig Alkohol und war
im Grunde, wenn er nüchtern war, depressiv, gewalttätig und gemein.
Mit dem Amerikaner Dean Martin,
dem Schwarzen Sammy Davis Jr. und dem Juden Joey Bishop bildete der Italienisch
Stämmige das sogenannte Rat Pack (Rattenpack), ein Quartett, das in Las Vegas
sehr populär wurde, gefördert durch die jüdische Mafia. Überhaupt will es mir
scheinen, dass jüdische Kreise Frank Sinatra nutzten, um die Stimmung in
Amerika, die ursprünglich feindlich gegenüber Minderheiten wie Schwarzen,
Italienern und Juden (sowie Kommunisten) eingestellt war, zu ändern und
aufzuweichen.
So war Frank Sinatra 1945 die
Hauptfigur in einem Werbefilm, der sich für die drei genannten Minderheiten
(Schwarze, Italiener und Juden) und für das, was in Amerika unter dem Namen
„Demokratie“ firmiert, einsetzte. Ausschnitte aus diesem Film wurden in dem
Porträt gezeigt[2].
Wie sehr Sinatra sein Fähnchen
nach dem Wind zu drehen pflegte, zeigt sich daran, dass er sich zuerst für den Wahlkampf
des linksliberalen Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei, John
F. Kennedy, einsetzte, später für den erzkonservativen Republikaner Ronald
Reagan Wahlkampfhilfe gab, der nachweislich von dem jüdischen Filmmogul Lew
Wassermann an die Macht gebracht wurde.
Die mit 91 Minuten viel zu lange Dokumentation
aus dem Jahr 2015 verschleiert die Hintergründe mehr, als dass sie sie aufdeckt.
Die Autorin Annette Baumeister will das Idol Amerikas nicht demontieren, sondern
verherrlichen. Der Frauenliebling, der sich ständig neu verliebte und doch nur
eine große Liebe hatte – nämlich Ava Gardener – starb mit 84 Jahren am 14.
Februar 1998. Das einzige, was man ihm zugutehalten kann: er war ein großer
„Entertainer“. Mit ihm, dem „Inbegriff des All-American-Mans“ – so heißt es –
ging eine Ära unter. Es war nicht die beste Ära Amerikas, vielleicht sogar die
dunkelste, in der die italienische und die jüdische Mafia immer mehr Einfluss
gewannen. Deswegen glaube ich die Geschichte von dem Pferdekopf, die auch der
Autor Mario Puzzo in seinem Roman „The Godfather“ erzählt.
[1] Der
Roman war im Jahre 1951, also genau zehn Jahre nach Pearl Harbour, als Debut des
Schriftstellers James Jones (1921 – 1977) im Verlag Scribner’s, der auch Hemingways
Romane veröffentlichte, erschienen und sofort zum Bestseller aufgestiegen, so
dass sich Harry Cohn von Columbia die Rechte der Verfilmung als erster
sicherte. Der Autor war selbst Mitglied der 27. Kompanie, die auf Hawaii
stationiert war, und hat den angeblich völlig überraschenden Angriff der
Japaner miterlebt, der schließlich den Vorwand für US-Präsident Roosevelt war,
in den Zweiten Weltkrieg einzutreten. Inzwischen ist bekannt, dass der
amerikanische Geheimdienst von dem geplanten Angriff Wind bekommen hatte, aber
dass der Präsident die Soldaten ganz bewusst nicht gewarnt hat, weil er einen
willkommenen Vorwand für den Kriegseintritt brauchte. Ein zweiter Erfolg des Schriftstellers
war sein 1957 erschienener Roman „Some Came Running“, der ein Jahr später mit Frank
Sinatra, Dean Martin und Shirley McLane in den Hauptrollen von Vincente Minelli
verfilmt wurde (Der deutsche Titel – „Verdammt sind sie alle“ – lehnt sich deutlich
an den Titel des Bestsellern „Verdammt in alle Ewigkeit“ an). Der amerikanische Titel "From Here to Eternity" lehnt sich an ein Gedicht von Rudyard Kipling an, in dem die Zeile vorkommt „damned
from here to eternity“.
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