Sonntag, 19. April 2020

Das neue Jerusalem in Oregon - Bemerkungen zum Western "Der Weg nach Westen" von Andrew V. McLaglen aus dem Jahre 1967




Am Samstagabend (18.04.2020) zeigte Südwest 3 drei alte Western-Filme. Eigentlich hatte ich mich darauf gefreut, vor allem auf den zweiten („Jesse James – Mann ohne Gesetz von Henry King aus dem Jahr 1939“), aber dann wurde ich schon etwa in der Mitte des ersten („The Way West“) so müde, dass ich abbrach und ins Bett ging. Mir gefiel der 1967 entstandene Western von Andrew V. McLaglen mit Starbesetzung (Kirk Douglas, Robert Mitchum und Richard Widmark) nicht und ich fand die Erotik, die manche der Frauen auf dem Trail nach Oregon, wie ihn der Film zeigt,  an den Tag legen, fehl am Platze. Der Western zeigte eher Menschen aus der Hippiegeneration als jene Siedler, die am 16. April 1843, wohl in Wirklichkeit, von „Independence“ nach Oregon aufgebrochen waren.
Ich konnte es nicht lassen, vor dem Einschlafen noch im Westernlexikon über den Film nachzulesen und fand mein Urteil weitgehend bestätigt, wenn Joe Hembus schreibt:
„Monströser Unfug nach einem Roman von A.B. Guthrie jr., der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde und das auch verdient hat. ‚Vom Aufbruch weg bewegt sich The Way West auf Irrpfaden. Wie es bei der Erschließung des Westens üblich war, wird ein ungeheurer Verschleiß an den Gütern der Natur betrieben – in diesem Fall an den Talenten von Mitchum, Douglas, Widmark und Albright. Sie sind sämtlich solide Darsteller, die es sich verdient haben, das nächste Mal erster Klasse in den Westen reisen zu dürfen‘ (TIME).“
Allerdings gibt es doch eine Szene, die mich berührt hat: William J. Tadlock, der Organisator des Oregon-Trails, gespielt von Kirk Douglas (vermutlich ein Mormone oder das Mitglied einer anderen extremen christlichen Sekte, weil er sich dem christlichen Priester, gespielt von Jack Elam, in einer Szene heftig widersetzt, als der einen Mann beerdigen möchte, der bei der Überfahrt über einen Fluss ertrunken ist), möchte in Oregon eine Art „Neues Jerusalem“ erbauen. Einmal zeigt er der mit Lije Evans (Richard Widmark) verheirateten Rebecca Evans, gespielt von Lola Albright, die er in ehebrecherischer Absicht heimlich liebt, seinen Plan der Traumstadt, in der die Straßen ganz ähnlich wie in der Sonnenstadt Karlsruhe strahlenförmig von einem Zentrum ausgehen. An einer Stelle sagt der ehemalige Senator, der beinahe Präsident der Vereinigten Staaten geworden wäre, wenn seine Frau nicht Selbstmord begangen hätte, und der sich regelmäßig von seinem schwarzen Sklaven auspeitschen lässt: „Even the meanest of us can be as large as this whole continent!“ (Joe Hembus, Das Westernlexikon, Erweiterte Neuausgabe, Heyne-Verlag, München 1976, S 709).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen