Ich muss sagen, seitdem ich das „Enthüllungsbuch“
von Matthias Matussek, „White Rabbit oder der Abschied vom gesunden
Menschenverstand“ (Finanzbuchverlag, Edition Tichys Einblick, München, 2. Auflage
2018), gelesen habe, vertraue ich keiner „Dokumentation“ im Fernsehen und
keinem „Zeitungsbericht“ mehr.
In den Fernsehanstalten, den
Verlagen und den Presseorganen wird tatsächlich nur gedacht und gebracht, was
der Meinung einer kleinen Elite gefällt, alles andere wird in kleine Verlage
abgedrängt, die dann von dieser gleichen „Elite“ als „populistisch“ oder „rechts“
diffamiert werden.
Dieses Schicksal erfuhren
natürlich auch Rudolf Steiner und die anthroposophischen Autoren. Ihre Bücher
wurden selten in einer großen Zeitung besprochen und wenn, dann negativ. Dadurch
wurden im Grunde die wichtigsten Ideen, welche die Menschheit wirklich
weiterbringen könnten, „unterdrückt“ und das zugunsten einer illusionären
Ideologie, die mit dem Namen Karl Marx verbunden ist.
Am Dienstagnachmittag schaute ich mir auf Arte den Woody-Allen-Film „Blue
Jasmine“ aus dem Jahre 2013[1] an. Die Hauptrolle spielte
Cate Blanchett, die an diesem Tag als Jury-Präsidentin die Filmfestspiele von
Cannes eröffnete. Am nächsten Morgen war sie sogar auf der Titelseite des
Haller Tagblatts. In dem Film sah ich, welch großartige Schauspielerin diese
Frau ist. Sie strahlt aber auch sonst etwas sehr Würdevolles und Echtes aus,
das mich berührte.
Woody Allens Tragik-Komödie lebt
aus dem Kontrast von Ostküsten-Glamour und Westküsten- Normalität.
Die Figur Jasmine Francis, die
Cate Blanchett spielt, war verheiratet mit dem Immobilienmakler Harold Francis
(Alec Baldwin), der durch betrügerische Manipulationen vielen Menschen das Geld
aus der Tasche gezogen und schließlich sogar seine eigene Frau und den ersten
Mann ihrer Adoptivschwester in den Ruin getrieben hat. Der Zuschauer wird Zeuge
des unaufhaltsamen sozialen Abstiegs der einstigen Dinner-Party-Queen von New
York. Sie hat nicht einmal gemerkt, dass sie von ihrem Mann andauernd mit
anderen Frauen betrogen wurde. Als sie es herausfindet, bekommt sie einen
Nervenzusammenbruch. Nachdem sie sich in einer Klinik einigermaßen gefangen
hat, reist sie zu ihrer Adoptivschwester Ginger (Sally Hawkins) nach San
Francisco, um dort das soziale Milieu der unteren Mittelschicht kennenzulernen,
auf das sie zuvor hochmütig herabgeschaut hatte.
Auch wenn der Film als Parabel
manches überzeichnet, so gibt er doch eine Vorstellung davon, wie weit die
Schere zwischen Arm und Reich heute inzwischen auseinanderklafft. Und er zeigt
glaubhaft auf, dass die sogenannten Reichen ihr Geld wohl weitgehend durch
unlautere Mittel angehäuft haben.
Ich habe den Film einen Tag
später bei Amazon bestellt, weil ich ihn unbedingt noch einmal mit Lena
anschauen möchte.
Film, Presse und Fernsehen stehen
heute beim großen Publikum für den Glamour, von dem viele träumen und sich „inspirieren“
lassen. In diese Welt des Luxus und des schönen Scheins lässt sich auch meine
Lena gerne entführen, wenn sie „ihre“ Sendungen anschaut, auch wenn sie
natürlich nicht mehr so naiv ist, an den Traumprinzen mit Geld, Auto und Villa
zu glauben, an den jede junge hübsche Russin heute glaubt. Nur dafür
scheinen manche Frauen zu leben und sie tun alles dafür, um schön und attraktiv
zu sein. Im Grunde wollen sie nur Köder sein, um sich einen reichen Mann zu angeln,
der sie für den Rest des Lebens versorgt.
Eine solche Frau stellt Cate
Blanchett in dem Film dar. Und ihr Traum war in Erfüllung gegangen. Sie durfte
ein paar Jahre lang das Leben eines Luxus-Weibchens führen. Allerdings blieb es
ihr nicht erspart, aus dem Traum zu erwachen und in der bitteren Realität
anzukommen.
Die Seligpreisungen des
Kapitalismus sind im Grunde nur die andere Seite der Medaille der
Seligpreisungen des Kommunismus. Beide versprechen, beziehungsweise versprachen
den Menschen den Himmel auf Erden. Beide Irrwege haben ein Merkmal gemeinsam:
es fehlt ihnen jegliche geistige Dimension.
Ich habe einst auf der Akademie für
Neue Medien in Ludwigsburg, wo ich in den neunziger Jahren einen mehrmonatigen
Computerkurs besuchte, den Vortrag eines Fachhochschuldozenten gehört, der über
Audio-Dateien sprach, die fürs Internet zubereitet werden. Damit die Datenmenge
nicht zu groß wird, kappen die Bearbeiter einfach die höheren und die tieferen
Töne und behalten nur die mittleren Lagen.
Genau diese Beschneidungen
scheinen mir auch die Medienleute insgesamt zu unternehmen. Dabei ist das, was
wegfällt, eigentlich das Wesentliche, das der Musik, dem Text oder dem Film die geistige
Tiefe oder Höhe gibt.
Leider muss ich das auch bei
Matthias Matussek feststellen, der allerdings ein überdurchschnittlich
gebildeter Journalist und brillanter Autor ist. Er bekennt sich zwar zu seinem
(katholischen) Glauben, was ihn für mich vor den meisten anderen Journalisten,
auch vor seinem großen Vorbild Hellmut Karasek auszeichnet, die in der Regel
Agnostiker oder Atheisten sind, aber er stößt noch nicht zum wirkenden Geist durch.
Matussek ist bei den großen
Medienhäusern (Spiegel, Springer), für die er viele Jahre arbeitete, in Ungnade
gefallen, als er es wagte, die offizielle „Willkommenskultur“ der
Merkel-Regierung zu kritisieren, und wird seitdem als „Rechter“ diffamiert. Das
war ein Schock für ihn und er hat in seinem neuesten Buch „White Rabbit oder
der Abschied vom gesunden Menschenverstand“ die Bilanz seiner Erfahrungen in
den vergangenen drei Jahren gezogen, die ziemlich niederschmetternd ist.
Insofern geht es ihm ganz ähnlich
wie Cate Blanchett als Blue Jasmine: Die Jahre der Anerkennung als
Großschriftsteller, der sich mit allen
möglichen Prominenten zu Interviews treffen durfte, sind endgültig vorbei, der
Ruf ist ruiniert.
Ich hatte vor einigen Wochen über
einen Beitrag gestaunt, den er in der „rechten“ Wochenschrift „Junge Freiheit“
veröffentlichte. Dort, so habe ich damals berichtet, zitiert er im zustimmenden
Sinn Rudolf Steiner.
Das sind vollkommen neue Töne in
der Presselandschaft. Daraufhin kaufte ich mir am 30. April 2018 sein neues Buch,
dessen Besprechung in einem der Folgehefte der „Jungen Freiheit“ mein Interesse
erweckt hatte, und ich las es in den vergangenen zehn Tagen mit wachsender
Teilnahme zu Ende. Außer auf Chesterton, der im Jahre 1922 zum Katholizismus
konvertierte, knüpft Matthias Matussek auch immer wieder an Thomas von Aquin und
Franz von Assisi an. Ich glaube zwar nicht, dass der Journalist viel von dem
großen Scholastiker und Kirchenvater gelesen hat – dazu gehört er zu sehr der „hedonistischen
Strömung“ der 68er an, aber immerhin nennt er seinen Namen und zitiert eine wichtige Aussage von ihm: „Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit. Aber
Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist die Auflösung aller Ordnung“ (S 64 und S
317).
Das kann ja nur ein erster Anfang sein.
[1]
Im Jahr meines Absturzes kam der Film in die deutschen Kinos. Ich hatte damals
aber kein Interesse an ihm.
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