Donnerstag, 10. Mai 2018

Sozialer Abstieg - Das Buch "White Rabbit" von Matthias Matussek (2018) und der Film "Blue Jasmine" von Woody Allen (2013)


Ich muss sagen, seitdem ich das „Enthüllungsbuch“ von Matthias Matussek, „White Rabbit oder der Abschied vom gesunden Menschenverstand“ (Finanzbuchverlag, Edition Tichys Einblick, München, 2. Auflage 2018), gelesen habe, vertraue ich keiner „Dokumentation“ im Fernsehen und keinem „Zeitungsbericht“ mehr.
In den Fernsehanstalten, den Verlagen und den Presseorganen wird tatsächlich nur gedacht und gebracht, was der Meinung einer kleinen Elite gefällt, alles andere wird in kleine Verlage abgedrängt, die dann von dieser gleichen „Elite“ als „populistisch“ oder „rechts“ diffamiert werden.
Dieses Schicksal erfuhren natürlich auch Rudolf Steiner und die anthroposophischen Autoren. Ihre Bücher wurden selten in einer großen Zeitung besprochen und wenn, dann negativ. Dadurch wurden im Grunde die wichtigsten Ideen, welche die Menschheit wirklich weiterbringen könnten, „unterdrückt“ und das zugunsten einer illusionären Ideologie, die mit dem Namen Karl Marx verbunden ist.



Am Dienstagnachmittag schaute ich mir auf Arte den Woody-Allen-Film „Blue Jasmine“ aus dem Jahre 2013[1] an. Die Hauptrolle spielte Cate Blanchett, die an diesem Tag als Jury-Präsidentin die Filmfestspiele von Cannes eröffnete. Am nächsten Morgen war sie sogar auf der Titelseite des Haller Tagblatts. In dem Film sah ich, welch großartige Schauspielerin diese Frau ist. Sie strahlt aber auch sonst etwas sehr Würdevolles und Echtes aus, das mich berührte.
Woody Allens Tragik-Komödie lebt aus dem Kontrast von Ostküsten-Glamour und Westküsten- Normalität.
Die Figur Jasmine Francis, die Cate Blanchett spielt, war verheiratet mit dem Immobilienmakler Harold Francis (Alec Baldwin), der durch betrügerische Manipulationen vielen Menschen das Geld aus der Tasche gezogen und schließlich sogar seine eigene Frau und den ersten Mann ihrer Adoptivschwester in den Ruin getrieben hat. Der Zuschauer wird Zeuge des unaufhaltsamen sozialen Abstiegs der einstigen Dinner-Party-Queen von New York. Sie hat nicht einmal gemerkt, dass sie von ihrem Mann andauernd mit anderen Frauen betrogen wurde. Als sie es herausfindet, bekommt sie einen Nervenzusammenbruch. Nachdem sie sich in einer Klinik einigermaßen gefangen hat, reist sie zu ihrer Adoptivschwester Ginger (Sally Hawkins) nach San Francisco, um dort das soziale Milieu der unteren Mittelschicht kennenzulernen, auf das sie zuvor hochmütig herabgeschaut hatte.
Auch wenn der Film als Parabel manches überzeichnet, so gibt er doch eine Vorstellung davon, wie weit die Schere zwischen Arm und Reich heute inzwischen auseinanderklafft. Und er zeigt glaubhaft auf, dass die sogenannten Reichen ihr Geld wohl weitgehend durch unlautere Mittel angehäuft haben.
Ich habe den Film einen Tag später bei Amazon bestellt, weil ich ihn unbedingt noch einmal mit Lena anschauen möchte.
Film, Presse und Fernsehen stehen heute beim großen Publikum für den Glamour, von dem viele träumen und sich „inspirieren“ lassen. In diese Welt des Luxus und des schönen Scheins lässt sich auch meine Lena gerne entführen, wenn sie „ihre“ Sendungen anschaut, auch wenn sie natürlich nicht mehr so naiv ist, an den Traumprinzen mit Geld, Auto und Villa zu glauben, an den jede junge hübsche Russin heute glaubt. Nur dafür scheinen manche Frauen zu leben und sie tun alles dafür, um schön und attraktiv zu sein. Im Grunde wollen sie nur Köder sein, um sich einen reichen Mann zu angeln, der sie für den Rest des Lebens versorgt.
Eine solche Frau stellt Cate Blanchett in dem Film dar. Und ihr Traum war in Erfüllung gegangen. Sie durfte ein paar Jahre lang das Leben eines Luxus-Weibchens führen. Allerdings blieb es ihr nicht erspart, aus dem Traum zu erwachen und in der bitteren Realität anzukommen.
Die Seligpreisungen des Kapitalismus sind im Grunde nur die andere Seite der Medaille der Seligpreisungen des Kommunismus. Beide versprechen, beziehungsweise versprachen den Menschen den Himmel auf Erden. Beide Irrwege haben ein Merkmal gemeinsam: es fehlt ihnen jegliche geistige Dimension.
Ich habe einst auf der Akademie für Neue Medien in Ludwigsburg, wo ich in den neunziger Jahren einen mehrmonatigen Computerkurs besuchte, den Vortrag eines Fachhochschuldozenten gehört, der über Audio-Dateien sprach, die fürs Internet zubereitet werden. Damit die Datenmenge nicht zu groß wird, kappen die Bearbeiter einfach die höheren und die tieferen Töne und behalten nur die mittleren Lagen.
Genau diese Beschneidungen scheinen mir auch die Medienleute insgesamt zu unternehmen. Dabei ist das, was wegfällt, eigentlich das Wesentliche, das der Musik, dem Text oder dem Film die geistige Tiefe oder Höhe gibt.
Leider muss ich das auch bei Matthias Matussek feststellen, der allerdings ein überdurchschnittlich gebildeter Journalist und brillanter Autor ist. Er bekennt sich zwar zu seinem (katholischen) Glauben, was ihn für mich vor den meisten anderen Journalisten, auch vor seinem großen Vorbild Hellmut Karasek auszeichnet, die in der Regel Agnostiker oder Atheisten sind, aber er stößt noch nicht zum wirkenden Geist durch.
Matussek ist bei den großen Medienhäusern (Spiegel, Springer), für die er viele Jahre arbeitete, in Ungnade gefallen, als er es wagte, die offizielle „Willkommenskultur“ der Merkel-Regierung zu kritisieren, und wird seitdem als „Rechter“ diffamiert. Das war ein Schock für ihn und er hat in seinem neuesten Buch „White Rabbit oder der Abschied vom gesunden Menschenverstand“ die Bilanz seiner Erfahrungen in den vergangenen drei Jahren gezogen, die ziemlich niederschmetternd ist.
Insofern geht es ihm ganz ähnlich wie Cate Blanchett als Blue Jasmine: Die Jahre der Anerkennung als Großschriftsteller, der  sich mit allen möglichen Prominenten zu Interviews treffen durfte, sind endgültig vorbei, der Ruf ist ruiniert.
Ich hatte vor einigen Wochen über einen Beitrag gestaunt, den er in der „rechten“ Wochenschrift „Junge Freiheit“ veröffentlichte. Dort, so habe ich damals berichtet, zitiert er im zustimmenden Sinn Rudolf Steiner.
Das sind vollkommen neue Töne in der Presselandschaft. Daraufhin kaufte ich mir am 30. April 2018 sein neues Buch, dessen Besprechung in einem der Folgehefte der „Jungen Freiheit“ mein Interesse erweckt hatte, und ich las es in den vergangenen zehn Tagen mit wachsender Teilnahme zu Ende. Außer auf Chesterton, der im Jahre 1922 zum Katholizismus konvertierte, knüpft Matthias Matussek auch immer wieder an Thomas von Aquin und Franz von Assisi an. Ich glaube zwar nicht, dass der Journalist viel von dem großen Scholastiker und Kirchenvater gelesen hat – dazu gehört er zu sehr der „hedonistischen Strömung“ der 68er an, aber immerhin nennt er seinen Namen und zitiert eine wichtige Aussage von ihm: „Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit. Aber Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist die Auflösung aller Ordnung“ (S 64 und S 317).

Das kann ja nur ein erster Anfang sein.



[1] Im Jahr meines Absturzes kam der Film in die deutschen Kinos. Ich hatte damals aber kein Interesse an ihm.

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