Sonntag, 22. April 2018

Schöne Frauen - schöne Männer - Gedanken zu den Angelique-Filmen der 60er Jahre


Am Freitag- und Samstagabend haben wir zwei Filme der Angelique-Reihe auf DVD[1] angeschaut.



Ich hatte diese Filme, die zwischen 1964 und 1968 etwa gleichzeitig mit den Karl-May-Abenteuern gedreht wurden, im Kino gemieden. Die Filme waren erst ab 16 Jahren freigegeben und wurden insbesondere von den kirchlichen Institutionen wegen ihrer lockeren Moral und den vielen erotischen Szenen stark kritisiert. Für mich war es Massenware für ein vorwiegend weibliches Publikum. Natürlich blieb mir der große Erfolg der Filme nicht verborgen und ich sah auch in allen Buchhandlungen die Vorlagen, nämlich die Romane von Anne Golon.
Lena hat die Filme mit 16 oder 17 Jahren, also Mitte der 80er Jahre, zusammen mit einer Freundin, die sinnigerweise auch noch Angela hieß, in einem Kino in Karaganda gesehen. Die Mädchen waren natürlich begeistert von der Schönheit der Hauptdarstellerin, von den Kostümen und der Welt der französischen Aristokratie zur Zeit des Sonnenkönigs.
Lena kennt die ganze Geschichte noch heute sehr gut und verrät mir im Voraus, mit wem die schöne Heldin als nächstes im Bett landen wird. Sie hat auch die Romane verschlungen.
Aus Wikipedia[2] erfahre ich, dass Anne Golon (1921 – 2017), die eine Zeitlang in Afrika als Journalistin gearbeitet hat, dort den russischen Geologen und Ingenieur Wsewolod Sergejewitsch Goloubinoff (1903 – 1972) kennengelernt hat, der 1917 vor der Russischen Revolution nach Frankreich emigriert war. Anne Golon hat ihre ersten Geschichten mit ihm zusammen verfasst. Er ist also auch Mitautor der ersten Angelique-Romane und nannte sich in dieser Eigenschaft Serge Golon.[3] Die Autorin Anne Golon, die ihren Wohnsitz in Versailles hatte, ist erst letztes Jahr gestorben und das ausgerechnet am französischen Nationalfeiertag, dem Quatorze Juillet.
Ich bin sicher, dass sie einst in einem früheren Leben eine wichtige Persönlichkeit am Hof des Sonnenkönigs war. Sie hat die historischen Verhältnisse des 17. Jahrhunderts akribisch recherchiert, bevor sie mit dem Schreiben des ersten Bandes der erfolgreichen Reihe begonnen hat. Etwas davon ist auch in die Filme eingegangen, die aber ansonsten sehr oberflächlich bleiben und mehr auf Effekte als auf Geschichte setzen.
Die Schauspielerin Michele Mercier, die die Titelrolle spielte und seitdem, ähnlich wie Romy Schneider mit Sissi, immer mit dieser identifiziert wurde, war 1964 erst 25 Jahre alt. Sie ist Jahrgang 1939 und lebt heute noch. Ich habe sie als Clarisse in Francois Truffauts „Schießen Sie auf den Pianisten“ (Frankreich 1959) zum ersten Mal gesehen. Ich finde sie gar nicht so hübsch wie immer gesagt wird. Sie ist vor allem sehr selbstbewusst und in gewisser Weise eine Vorläuferin von Lara Croft. In den prüden 60er Jahren hat sie durch ihre offen zur Schau getragene Erotik natürlich viele junge Mädchen begeistert, so wie die Jungens von  Old Shatterhand und Winnetou begeistert waren.
Insofern gehört sie, ähnlich wie Brigitte Bardot, zu den Vorläuferinnen der sexuellen Revolution, die gegen das traditionelle Bild der Frau als Mutter und Hausfrau mit den drei Ks (Kinder, Küche Kirche) rebellierten.
Dass die Filme Mitte der 80er Jahre mit zwanzig Jahren Verspätung sogar in der prüden Sowjetunion populär wurden, hat sicherlich viel zu den geheimen Sehnsüchten junger russischer Frauen in jener Zeit beigetragen. Vielleicht sind diese westlichen Filme der Grund dafür, dass sich russische Frauen gerne hübsch machen, schick anziehen und immer einen reichen Prinzen suchen, so wie es Angelique getan hat.



[1] Ich hatte mir die DVD-Ausgabe mit fünf Angelique-Filmen nur wegen Lena gekauft, weil sie mir einmal davon vorgeschwärmt hatte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen