Gestern habe ich meine kleine,
behütete Hohenloher Welt einmal für knapp 14 Stunden verlassen: Ich war mit
meinem Kollegen und meinem „Chef“ bei einer „ganztägigen
Fachveranstaltung“ der gemeinnützigen GmbH „telc“ (the european language certificate)
in der Großstadt Freiburg im Breisgau.
Nachdem ich um 4.50 Uhr
aufgestanden war, geduscht und gefrühstückt hatte, bin ich gegen 5.50 Uhr bei
etwa -8° Celsius nach Wolpertshausen gefahren, wo mich mein Kollege erwartete. Bereits auf der Landstraße merkte ich, dass auf der Autobahn ein
Unfall passiert sein musste, denn ich geriet in eine Schlange von Lkws und
Pkws, die mich besonders in der Talsenke von Cröffelbach ausbremsten, so dass
ich ein paar Minuten nach der ausgemachten Zeit, also etwa um 6.05 beim
Parkplatz vor der Markthalle ankam. In der Tat war kurz nach Mitternacht ein
Lkw, der von Nürnberg kommend nach Heilbronn unterwegs war auf der A6 von der
Fahrbahn abgekommen, hatte die Mittelleitplanke durchbrochen und war auf die
zweispurige Gegenfahrbahn geraten. Die Autobahn
war also kurz vor der Ausfahrt „Wolpertshausen/Ilshofen“ mehrere Stunden
in Richtung Nürnberg gesperrt. Auch auf der Gegenseite, also auf unserer
Fahrbahn, kam es zu einer Verzögerung. Selbst als wir zwischen 19.00 und 19.30
Uhr auf der Rückfahrt an der Unfallstelle vorbeikamen, brauchten wir mindestens
eine halbe Stunde länger, weil Arbeiter damit beschäftigt waren, die
Leitplanken wieder zu ersetzen.
Ansonsten sind wir sowohl auf der
Hinfahrt, als auch auf der Rückfahrt gut vorangekommen. Mein Nissan hat einmal
wieder gute Arbeit geleistet. Ich brauchte für die knapp 600 Kilometer Hin- und
Rückfahrt lediglich einen vollen Tank von ca. 30 Litern Diesel.
In Freiburg war
es deutlich milder: als wir ankamen, zeigte der Autothermometer -2° Celsius an.
Ich bin kein Liebhaber von
Fortbildungen. Aber dieses Mal habe ich zugesagt, weil ich wusste, dass sowohl
unser Schulleiter, der mir die Tagung bereits vor zwei Wochen empfohlen hatte, als
auch mein Kollege mitkommen würden. Ich hatte keine besonderen Erwartungen an den
„Fachtag“, ja habe nicht einmal das Programm studiert. Ich weiß aus Erfahrung,
dass mir solche Tagungen in der Regel nichts bringen. So war es auch dieses
Mal.
Dennoch möchte ich ein paar
Beobachtungen aufschreiben, die ich dabei machen konnte, und meine Gedanken
hinzufügen.
Die Tagung fand im ehemaligen
Kolpinghaus und jetzigem Stadthotel Freiburg statt. Der helle Vortragssaal war
mit der modernsten Technik ausgestattet: zwei Beamer an der Decke, zwei
Großleinwände, Laptop und Mikrofone. Wieder einmal fiel mir die Diskrepanz
zwischen modernster technischer Ausrüstung und dem mehr als mageren Inhalt der
Vorträge durch die Referenten auf.
Ich habe eigentlich nichts Neues
gelernt. Es waren für mich Anhäufungen von Abstraktionen, fern von jeder
pädagogischen Praxis. Die Firma „telc“, die seit ca. 20 Jahren Sprachtests in acht
verschiedenen Sprachen entwirft und anerkannte Zertifikate in den verschiedenen
Niveaus ausstellen darf, entwickelt seit zwei Jahren auch Unterrichtswerke.
Jeder Tagungsteilnehmer hat eine ganze Tragtasche mit Büchern aus dem
telc-Verlag mitbekommen, dazu noch die Unterlagen für die telc-Tests und
schließlich die gedruckte Powerpoint-Präsentation des Workshops über
„Heterogenität in den Berufssprachkursen“ von Radka Lemmen, also eine Unmenge
an Papier.
Der zweite vorgesehene Workshop,
zu dem ich mich eigentlich angemeldet hatte („Schriftlicher Ausdruck in Berufssprachkursen“)
musste abgesagt werden, weil die Referentin, eine Frau Brigitte von Kenne, aus
einem unerfindlichen Grund nicht eingetroffen ist.
Eigentlich möchte ich über den
Inhalt dieses Workshops kein Wort mehr verlieren. Mit meinem Kollegen waren wir uns einig,
dass die Referentin, die behauptete, aus Ostfriesland zu kommen, in
Wirklichkeit aufgrund ihrer Sprachfärbung und ihres Namens wegen vermutlich aus
Rumänien stammt, eine etwas unvorteilhafte Frisur trug: Ihre Haare zeigten wie
bei einer Medusa in alle Richtungen. Als ich dann auch noch einen
Rechtschreibfehler („bring“ statt „bringt“) in ihrer Präsentation entdeckte
(der sogar in der gedruckten Fassung nicht beseitigt war), schaltete ich ab.
Überhaupt sprachen mich ihre gedruckten Sätze, die sie ganz unmotiviert mit
Abkürzungen mischte, nicht an. Überall hatte ich schon bei den Vorrednern die
Sprachverarmung bemerkt, wenn von „Settings“ oder von „Slots“ die Rede war.
Frau Lemmen steigerte die Sprachreduktion noch, wenn sie unter der
(mir unverständlichen) Abkürzung MA Sätze stehen hat wie: „Rumpfdialog – Je 2 TN
bekommen 8 – 10 Wö, Dialog bilden andere TN raten die vorgegebenen Wö“. Hier
fehlen auch noch die Satzzeichen. Außerdem glaubte ich bisher, dass im
Deutschen Zahlen von eins bis zwölf (einschließlich) als Wörter ausgeschrieben
werden müssten.
Die Referentin wurde uns als eine der besten Rednerinnen von telc, die eben von einer
Vortragsreise von den Philippinen zurückgekommen war, vorgestellt, was
unglücklicherweise die Erwartungen – auch meine – unnötigerweise in die Höhe
schraubte. Umso größer war dann die Enttäuschung. Immerhin hatte sie eine
schöne Strumpfhose in violettem Netzmuster und elegante Schuhe mit halbhohen
Absätzen an. Auch auf ihr auffälliges Kleid (bunte, nach oben zeigende
Dreiecke) habe ich mich konzentriert und mich gefragt, wieso sie ausgerechnet
dieses für ihren Vortrag ausgewählt hatte.
Um nicht nur zu kritisieren, so
möchte ich noch erwähnen, dass das (kostenlose) Mittagessen vorzüglich war:
eine Suppe als Vorspeise, Putenrollbraten mit drei verschiedenen Gemüsesorten
(Broccoli, Blumenkohl und Karotten), Kartoffeln oder Spinat-Manti und ein
Apfelstrudel mit Vanille-Soße als Nachtisch. Unser Chef meinte, dass die
„gemeinnützige“ Firma allein für dieses Essen gewiss 2000 Euro bezahlt habe.
Die ca.70 Teilnehmer ließen es sich munden, auch wir. Insgesamt hat sich telc,
so schätzt er, die Veranstaltung gewiss über 10000 Euro kosten lassen,
zumal Frankfurt am Main und nicht Freiburg der Firmensitz ist und alle Referenten anreisen und
übernachten mussten, also auch noch neben den Honorarkosten Hotelkosten bezahlt
werden mussten.
In meinen Augen war es
Verschwendung von Steuergeldern, denn telc wird vom Staat (BAMF) bezahlt.
Ich brauche für meinen Unterricht
ein Lehrbuch, einen CD-Player und eine Tafel. Auch der Raum, in dem ich
unterrichte, ist klein und bescheiden. Darauf kommt es für mich nicht an. Ich
unterrichte durch meine Persönlichkeit und mit meiner jahrelangen pädagogischen
Erfahrung im Hintergrund. Natürlich war auch mein Germanistik-Studium in
gewisser Weise hilfreich, obwohl ich mir die Regeln der deutschen Grammatik
nach dem Studium selber beigebracht habe.
Interessant war für mich das
ganze Ambiente. Ein Hauch von Großstadt, ja ich kann sagen, von Frankfurt wehte
durch sie hindurch. Aber es war leider nur Luft.
Genauso hohl empfand ich die drei
Folgen der neuen Serie „Bad Banks“, die ich am Abend nach der Tagung auf Arte angeschaut habe.
Es handelt sich dabei um eine deutsche Fernsehserie, die sehr gelobt wird. So
hatte ich erst am Mittwoch im SWR-2-Forum[1]
von ihr erfahren, was meine Neugier geweckt hat. Ich bin sonst kein
Seriengucker. Diese neue Form der Unterhaltung empfinde ich als Zeitfresser,
der die Zuschauer stundenlang sinnlos an den Bildschirm fesselt.
„Bad Banks“ ist sicher gut
gemacht und hat schon jetzt sein Publikum gefunden. Wieder interessiert mich
wieder die Form mehr als der Inhalt. Wieder stelle ich fest, dass die Form nur
leere, substanzlose Hülle ist. In den Figuren, die in dem Film spielen, sehe
ich keine Menschen, sondern eine Art von funktionierenden, getriebenen Wesen,
die ganz ihren materiellen Bedürfnissen hingegeben sind. Moral und Charakter
spielen in dieser Welt der Bankgeschäfte offensichtlich keine Rolle mehr. Religion
schon gar nicht, abgesehen von einigen Anspielungen auf das Judentum, die wohl
zeigen sollen, dass sich in dieser Welt vor allem Menschen aus jüdischen
Familien tummeln. So hat die Protagonistin Jana Liekam (gespielt von Paula
Beer) einen jüdischen Freund, Noah Weisz. Vermutlich ist die ehrgeizige und
hochbegabte Jung-Bankerin selbst Jüdin. Gabriel Fenger (gespielt von Barry
Atsma), der neue Investment-Chef der „Deutschen Global Invest-Bank“ (hinter der
sich für jeden Zuschauer klar erkennbar die „Deutsche Bank“ versteckt, was man
auch an dem Logo, den drei nach rechts aufsteigenden Streifen, sieht, einer
Mischung aus dem Deutsche-Bank- und dem Adidas-Logo) trägt eine antike jüdische
Goldmünze um den Hals, ein Symbol für den Gott Mammon, dem er dient. Auch der
Banker Luc Jakoby (gespielt von Marc Limpach), der vollkommen korrupte Sohn
eines wohlhabenden Firmeninhabers, scheint mir vom ganzen Aussehen her
jüdischer Abstammung zu sein. Das Thema wird in den drei Folgen, die ich
gestern – mehr oder weniger konzentriert – angeschaut habe, nicht explizit
angesprochen, genauso wenig wie in Oliver Stones „Wallstreet“. Sobald man aber
weiter forscht, stößt man immer wieder auf die gleichen Netzwerke.
Was mir auffällt: viele dieser
Menschen aus dem Banker-Milieu „koksen“ oder amüsieren sich bei alkoholischen
Getränken in Clubs. Insbesondere Luc Jakoby, der gleich zu Beginn der Serie
zeigt, dass er keinen Charakter hat, weil er die Arbeit der jungen Jana als
seine ausgibt, „zieht“ immer wieder „eine Linie“. Sex and Drugs füllen offenbar
die innere Leere dieser Menschen. Wirklich arbeiten sieht man sie nie, wenn man
„spekulieren“ nicht als Arbeit ansehen will.
Diese armen Geschöpfe sind dem
Materialismus ganz und gar ergeben und ich frage mich, wie sie sich einst in
der geistigen Welt zurechtfinden wollen.
Rudolf Steiner sagt in seinem
zweiten Stuttgarter Karma-Vortrag vom 21. Februar 1912, dass religiös-gläubige
Menschen in einem früheren Leben in der Regel Wissende gewesen seien.
Materialisten, also ungläubige, areligiöse Menschen, seien in einem früheren Leben
eher stumpfsinnig gewesen. Das leuchtet mir ein.
Ich möchte zum Abschluss Rudolf
Steiner selbst zu Wort kommen lassen:
„Wenn derjenige, der imstande ist,
okkulte Forschungen anzustellen bei besonders gläubigen, hingebungsvoll
gläubigen Naturen der Gegenwart, wenn der Umschau hält und sich fragt: Warum
ist dieser oder jener Mensch eine besonders gläubige Persönlichkeit? Warum ist
die Inbrunst des Glaubens, der Enthusiasmus, warum ist in diesem oder jenem
Menschen geradezu ein Genie für religiöse Andacht, für Hinordnung der Gedanken
nach der übersinnlichen Welt? – wenn man sich diese Frage stellt, dann bekommt
man eine merkwürdige Antwort. Geht man zurück bei solchen gläubigen Naturen (…)
zu früheren Inkarnationen, so findet man die merkwürdige Tatsache, dass dies
Individualitäten sind, die in früheren, in vorhergehenden Inkarnationen
Wissende waren. Das Wissen ihrer vorhergehenden Inkarnation, das rationale
Element der Vernunft der früheren Inkarnation hat sich gerade in das
Glaubenselement der gegenwärtigen Inkarnation verwandelt. Da haben wir eine
jener merkwürdigen karmischen Tatsachen, die sich neben eine andere Tatsache so
sonderbar hinstellt: wenn man nun herantritt an Menschen, die als besonders
materialistische Menschen nicht mehr glauben, sondern nur wissen wollen (…), die
nur auf das schwören, nur das anzunehmen erklären, was die Sinne und der an das
Gehirn beschränkte Verstand darbieten, so findet man (…) Stumpfsinn in der vorhergehenden
Inkarnation.“ GA 135, S 155f)
Bevor es Kino und Fernsehen gab, waren
es die Bretter der Bühnen, die die Welt bedeuteten. Heute können wir bequem in unseren
Wohnzimmern Einblicke in Welten erhalten, die parallel zu unserm Leben existieren
und manche Menschen faszinieren. Mich faszinieren diese Welten nicht und ich habe
im Grunde nur Mitleid mit den Menschen, die sich in diesen Welten verstricken und
dabei selbst die reale Welt an den Abgrund bringen.
Menschen, die vom Abgrund kommen,
den diese Banker aus ihrer Profitgier an vielen Stellen der Welt bereits geschaffen
haben, indem sie Waffenexporte finanzieren, interessieren mich mehr und ich bin
froh, wenn ich ihnen durch meine Empathie und meinen Unterricht ein wenig helfen
kann, die gemachten Traumata zu verarbeiten.
[1]
„Fortsetzung folgt – Warum Fernsehserien in Deutschland so erfolgreich sind“
unter anderen mit der Mit-Produzentin der Serie Dr. Lisa Blumenberg. Von ihr
stammt auch die Idee. https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-forum/fortsetzung-folgt-warum-fernsehserien-in-deutschland-so-erfolgreich-sind/-/id=660214/did=21252504/nid=660214/jo8uuo/index.html
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