Donnerstag, 22. Februar 2018

Reinkarnation und Karma im Kino - der Film "Cloud Atlas" von Tom Tykwer und den Wachowski-Brüdern aus dem Jahre 2012



Am Montagabend (19.02.2018) zeigte Arte den Film „Cloud Atlas“ (Deutschland 2012). Den Film hatte ich Ende 2012 mehrmals im Kino gesehen, bin aber damals trotzdem nicht ganz schlau aus ihm geworden. Dennoch haben sich die Bilder des Films – wie ich am Montag wieder feststellen konnte – fest in meine Erinnerung eingeprägt. 
Der Film erzählt in sechs ineinander geschachtelten Episoden und auf sechs Zeit-Ebenen die Geschichte einer Gruppe von Menschen in mehreren, zum Teil in der Zukunft liegenden Inkarnationen. Es ist der interessanteste, aber auch komplexeste Film zum Thema Reinkarnation, den ich kenne. 
Eben lese ich den Vortrag, den Rudolf Steiner am 5. März 1912 in Berlin gehalten hat.  

Interessant ist für mich, dass Rudolf Steiners Vortrag aus dem Jahr 1912 exakt hundert Jahre vor dem Entstehen des Films „Cloud Atlas“ gehalten wurde, und zwar genau in der Stadt, in der auch große Teile des Films gedreht wurden: in Berlin.
Das fiel mir besonders auf, als ich in dem Vortrag folgende Zeilen las:
„Wenn der Mensch nun übergeht zur Erkenntnis von Reinkarnation und Karma (…) da müssen wir uns klar sein, dass das, was für einen solchen Menschen in seiner Seele lebt, nicht bloß, wenn er durch die Pforte des Todes geschritten ist, eine Bedeutung hat für eine erdentrückte Sphäre, sondern dass von dem, was er erlebt zwischen Geburt und Tod, die Zukunft der Erdengestaltung abhängt. Die Erde wird sozusagen die äußere Konfiguration haben, welche die Menschen ihr geben, die vorher da waren. Der ganze Planet in seiner Zukunftskonfiguration, das Zusammenleben der Menschen in der Zukunft, hängt davon ab, wie die Menschen früher gelebt haben in ihren früheren Verleiblichungen. Das ist das Gemüthaft-Moralische, das sich an diese Ideen anknüpft; sodass ein Mensch, der dies angenommen hat, weiß: wie ich war in dem Leben, so werde ich wirken auf alles, was in der Zukunft geschieht, auf die ganze Kultur der Zukunft! – Da erweitert sich etwas mit dem Wissen von Reinkarnation und Karma über die Grenzen von Geburt und Tod hinaus, was der Mensch bisher nur in engsten Grenzen kennengelernt hat: das Verantwortungsgefühl.“
Hier beschreibt Rudolf Steiner etwas, was in vielen Menschen seit den 70er Jahren aufgetreten ist, nachdem durch den Ölpreis-Schock und die Veröffentlichung des Berichts des Club of Rome über „Die Grenzen des Wachstums“ in ihnen dieses Verantwortungsgefühl gegenüber unserem Planeten aufwachte, der – wie ein anderes Buch jener Zeit behauptet hatte – „geplündert“ wird. Dieses Verantwortungsgefühl und in dem Zusammenhang insbesondere der Begriff der „Nachhaltigkeit“ hat seitdem zugenommen. Der Bio-Boom der letzten Jahre ist neben anderem auch ein Zeichen für diese Zunahme. Wir dürfen die Natur, seien es Tiere oder Pflanzen, nicht mehr so behandeln wie bisher, wenn wir unseren Planeten auf die Dauer lebensfähig erhalten wollen.
Rudolf Steiner fährt fort:
„Bis heute ist (die Idee von Reinkarnation und Karma) im weitesten Umfang noch Theorie. Man kann sagen, heute ist es so, dass es eine Anzahl Anthroposophen gibt, die glauben an Reinkarnation und Karma; aber sie leben so, als wenn es Reinkarnation und Karma nicht gäbe, sondern als wenn das Leben einmal eingeschlossen wäre zwischen Geburt und Tod. Das kann auch nicht anders sein. Denn die Gewohnheiten, die das Leben mit sich bringt, ändern sich weniger rasch, als die Ideen sich ändern.
(…) Das wird das Bedeutsame und Wichtige sein, dass übergehen werden die Fundamentalideen der anthroposophischen Weltanschauung in das Gemütsleben und in die Gesinnung der Menschen und auftreten werden als moralische Impulse, von denen die Menschen in den abgelaufenen Zeiten im Grunde genommen gar keine Ahnung hatten. Das Verantwortungsgefühl wird hervorsprießen in einer Weise, wie dies früher überhaupt nicht möglich war; und andere moralische Ideen werden sich notwendig dann in einer ähnlichen Weise ergeben wie dieses Verantwortlichkeitsgefühl“[1]

Das zentrale Kapitel in „Cloud Atlas“ zeigt die Umweltaktivistin Luisa Rey (Halle Berry) im Jahre 1973, die einem Skandal im Betrieb eines Atomkraftwerks auf der Spur ist. Diese Frau verkörpert sich in allen sechs Episoden immer wieder neu und ist eine der zentralen Figuren des Films. Ihr Engagement für die Umwelt, das sich durch alle sechs Inkarnationen durchzieht, ist allerdings zum Scheitern verurteilt. Die Menschheit verwüstet den Planeten Erde im Laufe des Films derart, dass sich ein kleiner Rest auf einem erdähnlichen Planeten niederlassen muss, auf dem die Geschichten der Vergangenheit von Generation zu Generation weitergegeben werden. Die Erde ist nur noch als blauer Schimmer am Sternenhimmel zu erblicken.
Der Roman, auf dem der Film basiert, wurde im Jahre 2004 von dem englischen Autor David Mitchell veröffentlicht. Es war das Jahr, als auch Dan Browns „The Da Vinci Code“ (2003) unter dem Titel „Sakrileg“ auf Deutsch erschien und das Jahr, in dem Judith von Halle (-Berry) ihre Stigmata empfing, zwei für mein Empfinden bedeutsame Ereignisse.

David Mitchell ist ein Stotterer. Das Geheimnis des Stotterns weist, laut Rudolf Steiner, auf eine Verfehlung in einem früheren Leben hin; so nennt er als Beispiel für Stotterer Menschen, die in einem früheren Leben viel gelogen haben. Ich konnte nicht herausfinden, ob David Mitchell Rudolf Steiners Werk kennt, aber es wundert mich aufgrund seiner Sprachstörung nicht, dass ihn das Thema Reinkarnation und Karma interessiert.




[1] Rudolf Steiner, Wiederverkörperung und Karma und ihre Bedeutung für die Kultur der Gegenwart, GA 135, dritter Vortrag, Berlin 5. März 1912, Taschenbuchausgabe S 113 ff

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