Heute brachte die Bildzeitung,
die ich in der Kurspause im Cafe Hessenauer las, die Ankündigung eines Buches
von Rose McGowan, das heute unter dem Titel „Brave“ in den USA erschienen ist
und am 3. April in Deutschland unter dem Titel „Mutig“ erscheinen soll. Die
Bildzeitung schreibt, Rose McGowan (44) und ihre Kollegin Ashley Judd (49)
seien die ersten Schauspielerinnen gewesen, die im Oktober 2017 den
Hollywood-Film-Mogul Harvey Weinstein (65) öffentlich der sexuellen Belästigung
und Vergewaltigung beschuldigten. Sie haben so die derzeitige „#Me Too“-Debatte,
der nun auch der deutsche Fernsehregisseur Dieter Wedel „zum Opfer“ gefallen
ist, ins Rollen gebracht. Die Bildzeitung zitiert die Schauspielerin und
Buchautorin folgendermaßen: „Weinstein ist nicht nur in der Filmbranche
mächtig, auch in der Politik, in den Medien und Verlagen (…) Jeder um ihn herum
wusste davon. Es ist ein internationales Vergewaltigungs-Syndikat, es ist eine
Vergewaltigungs-Fabrik“.
Ich kenne weder die eine, noch
die andere Schauspielerin und weiß nicht, was wirklich mit ihnen passiert ist. Aber
seitdem ich vor einer guten Woche (22.1.2018) auf Arte Paul Verhoevens „Musical“
„Showgirls“ aus dem Jahre 1995 gesehen habe, in der die Freundin der Heldin
Nomi Malone zuerst von den Leibwächtern eines Superstars und dann von diesem
selbst brutal vergewaltigt wird, so dass sie mit inneren und äußeren Verletzungen
ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, kann ich es mir zumindest
vorstellen. Verhoeven („Basic Instinct“) ist bekannt für seine Gewaltszenen,
die meistens auch noch sexuell aufgeladen sind. Aber er hat bereits 1995 die
offensichtliche Wahrheit dieser „Vergewaltigungsfabrik“, die sich von Las Vegas bis nach Los Angeles erstreckt, gezeigt. Rose McGowan berichtet in ihrem Buch,
wie sie im Jahr 1997 in einem Hotel von Harvey Weinstein vergewaltigt wurde.
Ich habe vor ein paar Tagen folgende
Anmerkungen zu dem Film „Showgirls“ und seinem Regisseur verfasst:
Eben (23.01.2018)sah ich in der
Arte-Mediathek das Porträt über den äußerst liebenswürdigen niederländischen
Filmregisseur Paul Verhoeven („Meister der Provokation“), für das ich am
Sonntagabend nach dem Film „Total Recall“ (USA 1990) keine Zeit und Lust mehr
hatte.
Den Science-Fiction-Film hatte
ich schon einmal gesehen und mir daraufhin einen Band mit Kurzgeschichten von
Philipp K. Dick gekauft. Diesen habe ich allerdings inzwischen wieder aus
meiner Buchsammlung aussortiert wie so manches andere Buch.
Mir gefiel der Film am
Sonntagabend nicht mehr so. Alles war so übertrieben und etwas in mir fühlte
sich provoziert dadurch, dass das Herz der Mars-Stadt, in der der längere Teil
des Films spielt, ausgerechnet – ähnlich wie in „AI – Artificial Intelligence“ –
ein Vergnügungsviertel ist, das auch noch den Namen „Last Resort“ trägt, als
wäre käuflicher Sex das „letzte Ufer“, an das sich die Menschheit bei der
Apokalypse retten könnte.
Nun schaute ich mir gestern einen
weiteren Film des Regisseurs an, dem Arte anlässlich seines 80. Geburtstages
eine Filmreihe widmete: „Showgirls“ aus dem Jahre 1995. Zunächst war ich – noch
unter dem Eindruck von „Total Recall“ – skeptisch, aber am Ende fand ich den
Film als Metapher für die dekadente Seite Amerikas gelungen. Der Film spielt,
ähnlich wie „Casino“, in Las Vegas und zeigt sehr gut die Machtstrukturen einer
solchen Stadt, in der es um Glücksspiel, Sex und Drogen geht. Nicht Hollywood
ist das „Zentrum des Bösen“, sondern diese Wüstenstadt.
Interessanterweise sind beide
Filme, Verhoevens „Showgirls“ und Scorseses „Casino“ im gleichen Jahr, also
geradezu parallel zueinander, entstanden.
Beide Filme sind in gewisser
Weise für mich schwer zu ertragen. Sie zeigen jedoch auf künstlerische Weise das
tatsächliche Leben in dieser Metropole des Vergnügens, die von den beiden
jüdischen Gangsterfreunden Meyer Lansky und Bugsy Siegel im Jahre 1946
mitbegründet wurde.
Der Film erzählt die Erlebnisse einer
begabten Tänzerin, der es gelingt, in einer Oben-Ohne-Tanzshow Karriere zu
machen und sogar bis zur Göttin („Goddess“) aufzusteigen und die dennoch
genügend Rückgrat besitzt, dieser Welt nicht zu verfallen, sondern ihr am Ende angewidert
den Rücken zu kehren: Nomi Mallone (Elizabeth Berkeley) geht buchstäblich durch
die „Glitzerhölle“, in der sexistische Machos mit den Frauen machen, was sie wollen,
und bewahrt sich dabei ihre Integrität: „Ich bin keine Hure!“ ruft sie einmal aus.
Diese innere Kraft des äußerst attraktiven Mädchens kann man nur bewundern. Hier
wird in einem Film das Ich des Menschen sichtbar, das trotz aller Versuchungen
zum Schluss siegt.
Nomi bietet den menschenverachtenden
Machos a la Harvey Weinstein erfolgreich Paroli.
Solch eine Power-Frau gibt es
vermutlich in der Wirklichkeit nicht, aber Elizabeth Berkeley überzeugt mit
ihrer Rolle jeden Zweifler, weil sie so energiegeladen und überzeugend spielt.
Die amerikanischen Zuschauer
haben den Film, als er damals in die Kinos kam, offenbar nicht besonders geliebt.
Allzu deutlich hielt er ihnen den Spiegel vor. Heute gilt „Showgirls“ als
Kultfilm und wird – ähnlich wie die „Rocky-Horror-Picture-Show“ – vor allem in
Mitternachtsvorstellungen amerikanischer Kinos aufgeführt.
.Verhoevens letzte Arbeit ist der
französische Film „Elle“ mit Isabelle Huppert, von dem Günther so begeistert
war. Ich habe ihn noch nicht gesehen.
Interessant ist, dass Verhoeven
zusammen mit dem Drehbuchautor Joe Eszterhas einmal eine Art Musical drehen
wollte, weil er die großen alten MGM-Musicals liebte, von denen ich letztes
Jahr gesprochen habe. In diesen Technicolor-Tanzfilmen erlebten die Revuen, wie
sie in europäischen und amerikanischen Großstädten in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts aufkamen, ihre Auferstehung im Kino. Das Publikum ergötzte
sich an den langen nackten Beinen unzähliger Tänzerinnen.
Aber diese Filme waren geradezu harmlos
gegenüber den Tanzrevuen, welche die Nachtclubs von Las Vegas anbieten. Das sind
im Grunde reine Strip-Shows mit anschließenden Kopulationen auf offener Bühne.
Jede Grenze ist aufgehoben. Was in dem Film „Les Girls“ noch hinter der Bühne
stattfand, das wird nun in aller Öffentlichkeit für ein geiles Männer-Publikum praktiziert.
Nach dem Film „Showgirls“ zeigte
Arte gestern Abend noch einen älteren Film von Paul Verhoeven, seine erste
Hollywoodproduktion[1].
„Fleisch und Blut“ (Flesh + Blood, NL/E/USA 1985) kündigt das Arte-Magazin als „blutrünstiges
Mittelalter-Gemetzel“ an. In dem Film spielt ein alter Freund Verhoevens, der
Schauspieler Rutger Hauer, den ich am Samstagabend zum ersten Mal in einem Film
(„Nighthawks“) – natürlich als Bösewicht – gesehen habe, mit.
Den Film schaue ich mir nach
Mitternacht nicht mehr an. Ich hatte schon von dem vorangegangenen Film Alpträume
und durchwanderte in diesen eine trost- und hoffnungslose Wüstenwelt auf der
vergeblichen Suche nach einem echten Menschen.
[1]
In dem Porträt erfahre ich, dass der Niederländer, der durch den Film „Soldier
of Orange“ (NL 1977) international bekannt wurde, durch Stephen Spielberg nach
Hollywood „gelockt“ wurde.
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