Ich schaute am Sonntag, den 17. Dezember 2017, auf Arte den
Mankiewicz-Film „Zwei dreckige Halunken“ (There was a Crooked Man) aus dem
Jahre 1970 an, den ich Anfang der 70er Jahre bereits im Kino gesehen
hatte.
Ich war total enttäuscht von dem
Wiedersehen.
Noch nie war mir der Schauspieler Kirk Douglas so unsympathisch gewesen.
Er spielte einen Räuber, der mit seiner John-Lennon-Brille wie
ein Intellektueller aussieht, aber in Wirklichkeit ein ausgekochter und
brutaler Gauner ist, der mit sechs Kumpels, die sich ihm anvertrauen, einen
Ausbruch aus dem in der Wüste liegenden Gefängnis-Fort plant und zum Schluss
alle austrickst und den Mitgefangenen Floyd Moon (Warren Oates), der in ihm
endlich einen Freund gefunden zu haben glaubte, erschießt.
Paris Pitman Jr., so heißt der
Mann, hatte nämlich einem reichen Farmer beim Abendessen im Kreise seiner
Familie 500000 Dollar aus dem Safe geraubt, die er anschließend in einer
Schlangengrube versteckt hat.
Der Gefängnisdirektor und
ehemalige Sherif Woodward W. Lopeman (Henry Fonda), der bestrebt war, in dem
Fort einen humanen Strafvollzug mit Arzt, Krankenstation und angenehmen
Speisesaal einzuführen, verfolgt den Geflohenen und findet ihn schließlich
neben der Schlangengrube tot liegen, weil er von einer Klapperschlange gebissen
worden war, die sich in einer Frauenunterhose versteckt hatte, in der der
Bandit einen Teil des Geldes untergebracht hatte. Er nimmt die 500000 Dollar
und den Toten an sich, reitet mit der Beute zum Fort zurück, übergibt den Toten
dem Gefängnis und reitet mit dem geraubten Geld zufrieden davon zur
mexikanischen Grenze.
Zum Schluss heißt es ironisch:
„Er lebte lang und glücklich bis an sein Lebensende“. Damit erinnert der Film,
der auf dem amerikanischen Filmplakat mit „Once Upon A Time – There was a
Crooked Man“ angekündigt wurde, an ein Märchen. Aber im Unterscheid zu diesem
Film siegen im Märchen immer die Guten. Hier verliert zwar der eine Böse (Kirk
Douglas), aber der nur vermeintlich Gute, der Mann des Gesetzes, lässt sich
durch den Gott Mammon verführen und nimmt das „mühsam ersparte“ Geld des
wohlhabenden Farmers, um glücklich zu werden.
Was ist das für eine verquere
(crooked) Botschaft? Soll das etwa witzig sein?
Schon Sergio Leone hatte Henry
Fonda ganz entgegen seiner bisherigen Rollen in „Once Upon A Time in The West“
(Spiel mir das Lied vom Tod, Italien/USA 1968) als Oberschurken besetzt. In
Mankiewicz‘ ein Jahr später entstandenen Western, der in gewisser Weise die
Thematik der Italowestern variiert, erlebt der Zuschauer den aufrechten
Gesetzesmann Fonda zum Schluss ebenfalls als „crooked Man“, also als Halunken.
Für ein paar Dollars mehr wirft er seine Rechtschaffenheit über Bord und macht
sich mit dem gestohlenen Geld aus dem Staub.
Mir fallen natürlich wieder die
vielen dramaturgischen Seitenhiebe auf die christliche Religion auf. Der am
Anfang des Films überfallene Farmer hat gerade sein Tischgebet zu Ende gesprochen,
als wie eine Antwort von oben die Räuber die Familie beim Abendessen
überfallen.
Später entlarvt der Film den
frommen Familienvater als bigotten Heuchler, der sich „als alter Kunde“ in
einem Bordell kostenlos vergnügen darf, indem er durch ein Guckloch einem
Klienten beim Sex zuschauen darf. Zufällig ist das gerade Kirk Douglas, der
sich mit zwei Prostituierten vergnügt.
Der Zuschauer soll also sehen,
wie dieser Mann sein Christentum „lebt“, nämlich gar nicht. Er ist als Voyeur
nicht besser als der Bandit, der seine Sexualität zumindest genussvoll
unbefangen ausleben kann, weil er jetzt, im Gegensatz zu dem christlichen
Farmer, Geld hat. Er kann sich eine doppelte Portion Liebe kaufen, während der
einst Reiche nur ein bisschen gucken darf.
Aber so geht es gerade weiter.
Als nächstes sieht man eine Szene
in einer Kirche, in der der Prediger Cyrus McNutt (John Randolph) einer Art
christlichen Sekte seinen Anhängern erzählt, wie ihn Gott bekehrt habe. Dabei
arbeitet der betrügerische Priester mit seinem angeblich tauben Kompagnon Dudley
Whinner (gespielt von dem anglikanischen Christen Hume Croyn) zusammen, den er
als vollkommen blöd hinstellt, der aber plötzlich unter dem Einfluss der
christlichen Erleuchtung, ein schönes Bild malen kann: Moses vor dem brennenden
Dornbusch.
Der Betrug fliegt auf und die
beiden falschen Christen landen ebenfalls im Gefängnis. Der nur scheinbar dumme
Maler Whinner entfaltet im Gefängnis sein Talent, indem er im Auftrag des neuen
Direktors Bilder für den neuen Speisesaal anfertigt, darunter die „Blinde
Justitia“, die „Geschichte von Thanksgiving“, und eine „Susanna im Bade“, ein
Thema, das in der klassischen Malerei vielen Künstlern die Gelegenheit bot,
eine nackte Frau darzustellen.
Selbst in der Gemeinschaftszelle,
in der die sieben Gauner eingepfercht sind, malt er ein Bild an die Mauer:
einen Verkündigungs-Engel. Als sich seine Mitbewohner
beschweren, dass der Engel keine Brüste habe, malt er ihm zwei riesige
„Titten“. Nun sind die sechs mitgefangenen Männer zufrieden.
Natürlich steckt hinter der Zahl
der sieben Gauner eine Anspielung auf John Sturges bekannten Western „The
Magnificient Seven“ aus dem Jahre 1960, nur mit negativen Vorzeichen. Standen
in dem älteren Western die sieben Revolverhelden – ähnlich wie in dem japanische
Klassiker „Die sieben Samurai“ von Akira Kurosawa aus dem Jahre 1954, der als
Vorbild diente – auf der Seite der Guten, so sind die sieben im Gefängnis
allesamt unbekehrbare Halunken und manche sogar stolz darauf.
Jeder der sieben Charaktere hat seine eigene
kleine Biografie und seine eigenen Träume, wodurch der Film den Halunken eine
Art von Würde verleiht: Wie in „Die glorreichen Sieben“ gibt es auch einen
jugendlichen Heißsporn darunter, der die Rolle des Horst Buchholz aus dem
älteren Film variiert: der an Dennis Hopper in „Easy Rider“ erinnernde, relativ
langhaarige „Hippie“ Coy (gespielt von dem Fernsehmoderator und späteren
Schriftsteller Michael Blodgett). Auch ein alter Haudegen, der von Allen „Missouri
Kid“ (gespielt von Burgess Meredith, einem vielbeschäftigten Film- und
Fernsehdarsteller aus einer alten Methodistenfamilie) genannt wird, sitzt in
der Gemeinschaftszelle und träumt von einer eigenen Farm. Er brüstet sich
damit, seit 35 Jahren nicht mehr gebadet zu haben[1]. So sind
alle sieben Lebensalter (und vielleicht sogar alle sieben Todsünden)in der
Gefängniszelle vertreten. Mit dem Hünen Ah-Ping
ist auch ein zopftragender Chinese dabei, der mit seinem kahlen Schädel ein
wenig an Yul Brynner erinnert.
Kirk Douglas als „Paris“ wird wie
Yul Brynner als „Chris“[2] in „Die
glorreichen Sieben“ der Anführer der nicht sehr glorreichen Sieben. Aber er
lässt – wie zu Beginn des Films – sämtliche Bandenmitglieder im Stich, um seine
Beute nicht teilen zu müssen. Er ist nicht nur äußerst arrogant, sondern hat einen
richtig miesen Charakter und entpuppt sich als kaltblütiger Killer.[3]
Mankiewicz hat den Film mit zwei
Stars besetzt, die bisher im amerikanischen Film immer die Seite der Guten
vertreten haben. Hier sind sie nun – wie der deutsche Titel verrät – nur noch
„zwei dreckige Halunken“. Das ist dem Einfluss des Italowesterns zu verdanken,
der den Publikumsgeschmack in der zweiten Hälfte der 60er Jahre vollkommen
verändert hat.
Auf diese Schiene springt der
amerikanische Western, der bisher in seinen besten Beispielen eher antiken
Tragödien glich, am Ende der 60er Jahre auf. Bereits zwei Jahre zuvor war der
amerikanische Western „Hängt ihn höher“ (Hang‘ em High, USA 1968) von Ted Post
in die Kinos gekommen, durch den Clint Eastwood, der Held der gewaltgesättigten
Dollar-Trilogie, nach seiner fulminanten Karriere in Italien wieder nach
Hollywood zurückkehrte und einen Sheriff spielte, der eine Bande von zuerst
neun, dann sieben Banditen verfolgt. Hier wird das Thema Justiz beziehungsweise
Lynchjustiz auf bis dahin eher ungewöhnlich gewalttätige Weise variiert.
„There was a Crooked Man“ ist
einer jener Filme, die das Rechtsempfinden des zumeist jugendlichen Publikums
im Laufe der Zeit total verändert, um nicht zu sagen: zerstört haben.
Joseph L. Mankiewicz (1909 –
1993), der Regisseur, der durch das Schauspieler-Drama „Alles über Eva“ (All
about Eve, USA 1950) berühmt geworden ist, entstammt einer deutsch-jüdischen
Familie. Die Mankiewicz-Dynastie umfasst mehrere einflussreiche
Persönlichkeiten: Josephs Bruder Hermann
war Drehbuchschreiber, der unter anderem am Drehbuch des berühmten
Orson-Welles-Filmes „Citizen Kane“ (USA 1941) mitgewirkt hat, sein Neffe Frank war
Journalist und Pressesprecher des 1968 ermordeten Senators Robert F. Kennedy.
Wieder frage ich mich, warum Arte
solch einen Film gerade am (Dritten) Adventsonntag ausstrahlt.
Die Botschaft des ironisch
gemeinten Western ist – gemessen an
christlich-abendländischen Werten – abgrundtief unmoralisch. Das von den Autoren
Robert Benton und David Newman[4] geschriebene
Drehbuch prägte zu Beginn der Siebzigerjahre natürlich vor allem die
Geschmäcker und das Empfinden der gegen alles Institutionelle rebellierenden
Jugend und fiel damit auf fruchtbaren Boden. Recht und Moral waren den 68ern
nur noch hohl gewordene Traditionen bigotter Bürger. Die Werte des christlichen
Abendlandes waren unglaubwürdig geworden.
Die 68er spalteten sich exakt im
Jahr 1970 in zwei divergierende Gruppen: die einen glaubten an die Veränderung
durch Gewalt (RAF)[5], die
anderen machten Karriere und begannen den „Marsch durch die Institutionen“, bis
sie die Millionen zusammen hatten, die ihnen ein vermeintlich glückliches Leben
bescherten.[6]
Kirk Douglas (geboren 1916 als
Issur Danielovitsch) repräsentiert die erste Gruppe, Henry Fonda (1905 – 1982)
die zweite.
Zwei Details sind dabei
interessant: Die John-Lennon-Brille des ersteren hatte ich schon erwähnt; Henry
Fonda trägt seit seinem ersten Auftreten in dem Film einen Vollbart, was sehr
ungewöhnlich für den sonst immer glattrasierten Darsteller ist, der vor allem
seit seiner Rolle als Präsident Lincoln in dem John-Ford-Film „Young Mister
Lincoln“ (USA 1939) bekannt war.
Durch seinen ungewöhnlichen Bart erinnert
er auch ein wenig an die Studenten der 68er, die nicht nur lange Haare, sondern
gern auch Vollbärte als Zeichen ihres Protestes trugen. Erst ganz zum Schluss
des Films „There was a Crooked Man“, als er sich mit den 500000 Dollar nach
Mexiko absetzt, trägt er sein Kinn plötzlich glattrasiert. Das Adjektiv „crooked“
bedeutet krumm, betrügerisch und verschlagen. Im Originaltitel ist nur die Rede
von einem „crooked Man“, zu Deutsch: „Halunken“. Und damit kann nur der
Gesetzesmann Henry Fonda gemeint sein, der sich mit der Beute nach Mexiko
absetzt.
Es ist die Pointe des Films, dass
auch der bisher anscheinend vollkommen rechtschaffene Sheriff in Wirklichkeit ein
„Betrüger“ ist, so wie die beiden falschen christlichen Missionare Cyrus McNutt
und Whinner.
So lautet die Botschaft des
Films, von Arte sieben Tage vor Heilig-Abend ausgestrahlt, kurz
zusammengefasst: Ein Hurra auf die sieben glorreichen Halunken.
PS:
Gestern Nachmittag (19.12.2017)
habe ich den Western „Zwei dreckige Halunken“ von Joseph L. Mankiewicz noch
einmal angeschaut.
Beim zweiten Mal sind mir
wichtige Details aufgefallen, die ich beim ersten Anschauen übersehen habe.
Deshalb muss ich mein eher negatives, ja vernichtendes Urteil gründlich revidieren.
Auf jeden Fall habe ich beim
zweiten Sehen bemerkt, wie intelligent und gleichzeitig witzig der Film ist. Er
thematisiert das Thema der Gesetzestreue anhand der Gefängnisinsassen, die der
neue Gefängnisdirektor Lopeman durch „Rehabilitation“ zu anständigen Bürgern machen
möchte.
Das Experiment des „Gutmenschen“
scheitert krachend.
Zwar schafft er es mit Hilfe von
Pitman, dass sich die Halunken waschen und jeder – entsprechend seines Talentes – einer sinnvollen Tätigkeit nachgeht.
Aber die Gefängnisinsassen ändern
sich nicht wirklich und ergreifen die nächstbeste Gelegenheit, auszubrechen.
Diese bietet sich bei der Einweihung des neuen Speisesaales in Anwesenheit des
Vizegouverneurs und seiner Frau, einer Lehrerin. Der Festakt endet in einer
Slapstick-Szene, in der die Gefängnisinsassen, die eben noch durch die Reden
gelobt wurden, den Inhalt der Teller – Hähnchen-Schlegel und Kartoffeln – durch
den Saal auf die braven Bürger – den Vize-Gouverneur, seine Frau, seine
Assistenten und Gefängnisdirektor Lopeman – werfen. Im allgemeinen Tumult
gelingt es ihnen durch eine von Pitman minutiös geplante Aktion mit dem
Dynamit, das der Maler Whinner heimlich aus dem Depot mitgenommen hat, als er
dort seine Farben holte, die Mauern des Gefängnisses zu sprengen und den
Ausbruch zu versuchen.
Leider sterben bei diesem Versuch
vier der sechs Mithäftlinge von Pitman. Nur diesem gelingt die Flucht. Aber ihn
erreicht die verdiente Strafe schließlich an der Schlangengrube, in der er
seine Beute versteckt hatte.
Lopeman, der vor dem Trümmerhaufen
seines idealistischen Lebenswerkes – als erster den „humanen Strafvollzug“ in
einem amerikanischen Gefängnis eingeführt zu haben – steht, schwört Rache und
verfolgt Pitman.
Das Ende zeigt Lopeman, der bisher
keinen Whisky trank, einen Schluck aus einem „Flachmann“ nehmen und am Rio
Grande zufrieden eine Zigarette drehen (was ihm bisher nie gelungen war, obwohl
er es im Laufe der Filmhandlung immer wieder versucht hatte), bevor er
zufrieden mit seiner Beute nach Mexiko reitet.
Der Film begann ja wie ein
Märchen mit den Worten: „Es war einmal, als das Wasser der Flüsse noch blau und
die Luft noch rein war…“ und endet nun, als der Ex-Sheriff durch das blaue
Wasser des Flusses reitet und die Luft mit seiner selbst gedrehten Zigarette
würzt, wieder mit den Worten eines Märchens: „… und so lebte er reich und
glücklich bis an sein Lebensende“.
Beim zweiten Sehen kann ich die
Ironie der Geschichte des gescheiterten Weltverbesserers erkennen und sogar an
manchen Stellen lachen.
Was mir aber am meisten gefällt, ist, dass es auch bei aller Unmoral eine kleine Lichtgestalt in dem Film gibt,
die „das Gute“ verkörpert. Es ist der von seinem Kompagnon McNutt
„missbrauchte“ Whinner. Er war lange Zeit der gehorsame Befehlsempfänger des
falschen Predigers. Im Laufe des Films emanzipiert er sich aber immer mehr von
diesem und gelangt schließlich am Ende zu einer selbstständigen Entscheidung:
Er entschließt sich, nicht wie die anderen auszubrechen, sondern überzeugt
McNutt, mit ihm in die Zelle zurückzukehren und die 17 Monate Strafe, die er
noch hat, abzusitzen. Dabei verspricht er seinem „Chef“, der noch länger im
Gefängnis bleiben muss, draußen alles vorzubereiten, dass er in ein „gemachtes
Nest“ einziehen kann, wenn er zwei Jahre später entlassen wird.
Dass es ausgerechnet der Künstler
ist, der die Ordnung im
moralischen Chaos rettet, ist interessant.
Weder der Intellekt eine Pitmans,
noch der Wille eines Lopemans stehen am Ende des Films als Gewinner da. Nein, es
ist der Maler, dessen Namen schon das Ziel seines Lebens andeutet: „Whinner“,
mit einem „h“ nach dem „W“.
Damit erfüllt der Film in seiner
eigentlichen, allerdings durch viel Ironie versteckten Botschaft, ein Bibelwort
aus der Bergpredigt: „Selig sind die geistig Armen, denn sie werden ins
Himmelreich eingehen“.
Whinner war in der Kirche von
McNutt als mongoloider Dummkopf eingeführt worden. Nun erweist er sich nach
einigen Drehungen und Wendungen als der moralisch stärkste unter den
„Halunken“. Lopeman verliert seinen Idealismus, Whinner gewinnt sein
Seelenheil.
Das erste Bild, das er malte,
war, wie bereits erwähnt, die alttestamentarische Szene „Moses vor dem
brennenden Dornbusch“. Dort gibt der Gott Israels zum ersten Mal seinen Namen
preis und antwortet Moses, der ihn fragt, wer er ist, mit dem berühmten Satz: „Ich bin der ich bin“ (Jahwe).
Mich hat beim ersten Anschauen
des Films gewundert, dass der Vorspann eine Abfolge von gemalten Bildern zeigt,
die wie in alten Bibel-Illuminationen Inkunabeln mit Reitern in allen
Jahreszeiten zeigen. Beim zweiten Ansehen verstehe ich: Diese Bilder sind im
gleichen Stil gemalt wie die Bilder des begabten Künstlers Whinner.
Im Grunde feiert der Film, ganz
im Sinne von Schillers „Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen“ die Kunst
als einzige Kraft, die eine Gesellschaft verändern kann.
Das musste ich heute ergänzen, weil
ich dem Film, der so gut die Situation der Gesellschaft am Anfang der 70er Jahre
kommentiert und persifliert, in meiner ersten „Filmkritik“ nicht wirklich gerecht
geworden bin.
[1] Eine der
charakteristischen Szenen des Films ist das Bad der „dreckigen Halunken“ in
Fässern etwa in der Filmmitte. Allerdings wird schnell offenbar, dass sie
dadurch nur äußerlich, nicht aber innerlich „gereinigt“ werden.
[2] Schon in
den Namen kann man etwas vom Charakter der Figuren erkennen. Der Name Paris
erinnert an den antiken Helden, der durch den Raub der schönen Helena den
Trojanischen Krieg auslöst. Chris ist natürlich die Abkürzung für Christus.
[3] Soweit
ich sehen kann, ist Douglas Rolle als Paris Pitman Jr. die erste, die ihn als
unsympathischen Bandit und Bösewicht zeigt, auch wenn er 20 Jahre zuvor in
Billy Wilders „Ace in the Hole“ (USA 1951) bereits den zynischen „Reporter des
Satans“ gespielt hatte.
[4] Das Duo hat
auch das Drehbuch zu dem gewaltverherrlichenden Kultfilm „Bonnie and Clyde“ von
Arthur Penn aus dem Jahre 1967 geschrieben, der die 68er wie kein zweiter geprägt
hat. Das Gangsterpärchen wurde in dem Film glorifiziert als seien Clyde Barrow (Warren
Beatty) Che Guevara und Bonnie Parker (Faye Dunaway) die Heilige Johanna.
[5] Als
Geburtsstunde der RAF gilt laut Wikipedia die gewalttätige Befreiung Baaders am
14. Mai 1970 aus dem Gefängnis. https://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Armee_Fraktion
[6] Diese
68er gingen (wie Joschka Fischer oder Jürgen Trittin) in die Politik, an die
Hochschulen oder wurden Chefredakteure. Der „grüne“ Ex-Außenminister, der die
deutschen Soldaten in den Jugoslawien-Krieg führte, verdiente mit Vorträgen bei
verschiedenen Veranstaltern, darunter auch die Investment-Bank Goldman-Sachs,
ein schönes Vermögen.
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