Sonntag, 9. April 2017

Tierliebe und Menschlichkeit - der Abenteuerfilm "Hatari!" von Howard Hawks aus dem Jahre 1961


Gestern (Sonntag, 09.04.17) Abend sah ich den Hollywood-untypischen Abenteuerfilm „Hatari!“ von Howard Hawks aus dem Jahre 1961 zum ersten Mal. Immer wieder hatte ich von diesem Film gehört und gelesen. Andrea hatte ihn geliebt. Jetzt verstehe ich auch warum: es ist ein Film mit Tieren und mit Frauen. Und er ist wirklich sehr witzig.
Unglaublich geradezu ist, dass der Deutsche Hardy Krüger im Titel-Vorspann auf gleicher Höhe mit dem Ur-Amerikaner und Helden unzähliger Western John Wayne genannt wird. Auch gefällt mir die unterschwellige Botschaft, dass sich die beiden Kontrahenten und Rivalen Hardy Krüger, der den Deutschen Kurt und Gerard Blain, der den Franzosen Charles spielt, am Ende versöhnen und Freunde werden. Anfang der 60er Jahre war es noch ungewöhnlich, dass sich die einstigen Erzfeinde befreunden. Immerhin entstanden damals auch schon die ersten deutsch-französischen Partnerstädte, zu denen als erste auch die Partnerschaft zwischen den Städten Langres und Ellwangen gehörte.
Eine wichtige Rolle in dem internationalen Team, das im Auftrag von Zoos in Ostafrika wilde Tiere einfangen soll, spielt auch der Indianer „Little Wolf“, der gleich zu Beginn des Films von einem Nashorn gefährlich verletzt wird und sehr viel Blut verliert. Gerettet wird er durch das Blut des Franzosen, der zufällig die gleiche seltene Blutgruppe hat. Dargestellt wird „der Indianer“ durch den langjährigen Freund von John Wayne, Bruce Cabot (1904 – 1972), der durch die männliche Hauptrolle in dem Abenteuerfilm „King Kong und die weiße Frau“ (1933) bekannt geworden ist.  
Die Figur des „Little Wolf“ ist wieder ein Hinweis darauf, dass sich Weiße und Indianer, die ehemaligen Kontahenten aus unzähligen Westernfilmen (und aus der Realität) inzwischen, oder zumindest bei Howard Hawks, auf Augenhöhe begegnen dürfen.
Unruhe in die Männergesellschaft bringen zwei Frauen: die Italienerin Alessandra (Elsa Martinelli), die von den Männern „Dallas“ genannt wird, eine Fotografin, die für den Basler Zoo Fotos vom Einfangen der Tiere machen soll. Sie rettet ein Elefantenbaby, dessen Mutter getötet worden war, und zieht es mit Ziegenmilch auf. Zum Schluss hat sie drei Elefantenbabys, die ihr hinterherlaufen. Die zweite Frau, Brandy (Michele Girardon), ist die junge Tochter des tödlich verunglückten Besitzers der Tierfangstation und eigentlich „der Boss“ des Teams, obwohl sie von den Männern anfangs noch als Mädchen und nicht als Frau wahrgenommen wird. Das ändert sich allerdings im Verlauf der Handlung.
Der Ex-Pilot und Abenteurer Howard Hawks (1896 – 1977), einer meiner Lieblingsregisseure, der so geniale Western-Komödien wie „Rio Bravo“ (1959) und „Eldorado“ (1966) gemacht hat, soll sich und seinem Team mit diesem Film abseits von Hollywood einen Urlaub in Afrika finanziert haben. Er hat immer wieder betont, dass alle Tierfangszenen in der afrikanischen Savanne ohne Stuntmen allein mit den Darstellern gefilmt worden seien.
Für den Film soll es ursprünglich nicht einmal ein richtiges Drehbuch gegeben haben. Dieses entstand erst während der Dreharbeiten in Afrika durch die Schriftstellerin Leigh Brackett (1915 – 1978), die bereits 1946 zusammen mit William Faulkner für Howard Hawks das Drehbuch zu „The Big Sleep“ (Tote schlafen fest) verfasst hatte. Auch für die bereits erwähnten Westernklassiker verfasste die Schriftstellerin die Drehbücher. Eine ihrer letzten Arbeiten war das Drehbuch für einen Film aus der Starwars-Serie: „Episode V. The Empire Strikes Back“ (1973).
Es wundert mich daher nicht, dass der Film „Hatari!“ auch bei Frauen gut ankommt, obwohl er eigentlich in einer Männerwelt spielt. Als Howard Hawks Leigh nach der Lektüre des Drehbuches zu „The Big Sleep“ zum ersten Mal sah, soll er verwundert gewesen sein, dass sie eine Frau und kein Mann war.
Die beiden waren ein gutes Team und das überträgt sich auch auf ihre Filme, die alle Klassiker geworden sind. Zusammen schufen sie Frauentypen, die später unter dem Begriff „The Hawksian Woman“ in die Literatur eingingen.[1]



[1]„ Hawks (verlieh) vielen seiner Filme immer auch eine Note seines Humors. Ein Beispiel sind die John-Wayne-Klassiker Red River, Rio Bravo, El Dorado und Rio Lobo. An Hawks' Werk wird auch seine Vielseitigkeit geschätzt, er drehte erfolgreiche und stilbildene Filme für unterschiedliche Filmgenres wie Komödie, Drama und Thriller. Sein Regiestil war dabei meist bewusst zurückhaltend, im Mittelpunkt stand bei ihm die Handlung: Ein guter Regisseur sei der, welcher sein Publikum nicht nerve, meinte Hawks einmal.
Zudem etablierte Hawks in seinen Filmen für die damalige Zeit auffällig emanzipierte weibliche Figuren, die selbstbewusst und schlagfertig handelten. In der Filmkritik wurden diese unter dem Namen Hawksian woman bekannt. Ein Beispiel dafür ist etwa Lauren Bacall in Tote schlafen fest.[1]
Nachdem Hawks lange von Filmkritikern ähnlich wie Alfred Hitchcock mit dem Hinweis, er sei ein allzu kommerzieller Regisseur, vernachlässigt wurde, entdeckte man ihn seit den 1960er-Jahren mit dem Beginn der Nouvelle Vague als bedeutenden Filmschaffenden. Für zahlreiche Filmemacher wurde Hawks zum Vorbild, darunter: Robert Altman, John Carpenter, Quentin Tarantino, Peter Bogdanovich, Martin Scorsese, François Truffaut, Michael Mann und Jacques Rivette. Jean-Luc Godard bezeichnete Hawks gar als den „größten amerikanischen Künstler“


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