Mittwoch, 1. Februar 2017

Wenn "frau" die Wahrheit sagt... - Gedanken zum Film "Hannah Arendt" von Margarethe von Trotta aus dem Jahre 2012


Gestern Abend (01.02.2017) zeigte Arte Margarethe von Trottas biographischen Film  „Hannah Arendt“ aus dem Jahre 2012. Ich finde das Biopic außerordentlich gelungen. Die deutsch-jüdische Philosophin, die ihr Buch über den Eichmann-Prozess in Jerusalem einen „Bericht von der Banalität des Bösen“ genannt hat, war eine großartige Frau, die sich nicht scheute, auch für Zionisten und andere Juden unbequeme Tatsachen auszusprechen. So erfahre ich zum Beispiel durch den Film zum ersten Mal etwas von den „Judenräten“ in den Konzentrationslagern.
Vor mir liegt das 1965 im Münchner Piper-Verlag auf Deutsch erschienene Buch, das die geniale Philosophin, die bei Martin Heidegger in Freiburg „das Denken gelernt“ hat, berühmt gemacht hat. Es kommt mir gerade jetzt anlässlich der Ausstrahlung des Filmes wieder unter die Augen, wo ich mich einmal wieder mit dem „Mysterium des Bösen“ auseinandersetze.
Immer wieder betont Hannah Arendt, die im Film von Barbara Sukowa gespielt wird, die mir als Hanna aus der Verfilmung des Romans „Homo Faber“ durch Volker Schlöndorff bekannt ist, dass Eichmann „kein Monster“ gewesen sei. Sie deutet auf die „Abwesenheit des eigenständigen Denkens“ hin, die diese „Befehlsempfänger“ zu „Tätern“ machte. Diese Eigenschaft sei nicht eine spezifisch deutsche, sondern kann jede Volksgruppe und eben auch die Juden betreffen, wie sie es anhand der Taten der Mitglieder der „Judenräte“ aufzeigt. Damit macht Hannah Arendt etwas, was die New Yorker liberalen Juden und die israelischen Zionisten aufbringt, weil sie die „Opfer“ den  „Tätern“ annähert. Die angestrebte Rufmordkampagne gegen die Philosophin, die letztendlich scheitert, wird in dem Film ebenfalls mit eindrücklichen Szenen thematisiert.
Immer wieder habe ich diese überwältigende Empathie für die Frau, denn sie hält die Einsamkeit aus, die es mit sich bringt, eine Sache ehrlich zu Ende zu denken, anstatt sich mit Klischees oder Schlagwörtern zu begnügen. Das ist besonders schmerzlich als sie, die, wie sie an einer Stelle des Films zu ihrem Wahl-Vater Kurt Blumenfeld in Israel sagt, kein Volk, sondern nur ihre Freunde liebe, merkt, wie sich sogar langjährige Freunde von ihr abwenden.
So heißt es am Ende der Handlungszusammenfassung des Films im entsprechenden Wikipedia-Beitrag:
„Von den Freunden halten nur noch ihr Mann Heinrich Blücher sowie Mary McCarthy und Lotte Köhler zu ihr“

Diese äußerst schmerzliche Erfahrung musste ich auch machen und mache sie gegenwärtig ja wieder.

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