„Der Pate, 2. Teil“, den Arte
gestern (29.01.2017) ausstrahlte, ist ein Film, der als einer der besten aller Zeiten gilt. Meine russische Freundin,
die am vergangenen Sonntag schon den ersten Teil mit mir ansah, hat auch den
zweiten Teil mit mir angesehen. Sie erzählte mir, dass die Mafia-Trilogie von
Francis Ford-Coppola in den 80er Jahren auch in den sowjetischen Kinos gezeigt
wurde und viele Russen zur Nachahmung angeregt habe. So entstand in der
zerfallenden Sowjetunion eine eigene Spielart der Mafia, die „rote Mafia“.
Am interessantesten fand ich die Film-Figur
des jüdischen Mafia-Bosses Hyman Roth, die dem echten Mafia-Boss Meyer Lansky
nachempfunden ist. Die Rolle hatte Coppola mit Lee Strasberg besetzt, dem
berühmten Chef der New Yorker Schauspielschule, bei der unter anderem Marlon
Brando das sogenannte „Method Acting“ erlernte. Lee Strasberg ist ein
gebürtiger Österreicher und heißt eigentlich Israel Strassberg. Er war also
Jude und lebte von 1901 bis 1982.
Die Rolle, die er in dem Film als
böser Gegenspieler von Michael Corleone, dem Chef des mächtigsten
sizilianischen Mafiaclans, spielt, geht mir jetzt noch nach, so intensiv war
das Spiel des bereits 73jährigen Strasberg. Im Film flüstert er Michael in
einer Szene ins Ohr: „Wir sind mächtiger als US-Steel“. Das sagt alles und ist
wahr.
Wie in dem Film „Havanna“ tritt
der jüdische Mafia-Boss während der Neujahrsfeierlichkeiten des Jahreswechsels
1957/58 auf, an dem der Umsturz durch die Revolutionäre Fidel Castros und der
Fall des korrupten Präsidenten Battista stattfand, der aus dem Land ein
einziges Spielcasino und Bordell gemacht hatte.
Lee Strasberg war auch der Lehrer
von Al Pacino, der Michael, den jüngeren Sohn des Paten Don Vito, im ersten
Teil von Marlon Brando gespielt, darstellt, und von Robert de Niro, der den
jungen Aufsteiger Vito im zweiten Teil spielt.
Was für ein Name: Michael!
Der Film zeigt also in gewisser
Weise einen modernen Michael, der mit den Mitteln der sizilianischen Clans
gegen das Böse in Gestalt des Chefs der jüdischen Clans kämpft: Dahinter steht
der Mythos des Kampfes Michaels mit dem Drachen.
Ich denke, dass Coppola diesen
mythischen, oder sagen wir besser: geisteswissenschaftlichen Hintergrund
bewusst gewählt hat: Michael gegen Israel (Strassberg).
Michael Corleone sollte nach dem
Willen des Vaters eigentlich gar nicht in die Geschäfte der Familie eingebunden
werden, wie im ersten Teil gezeigt wurde. Er war während des Zweiten
Weltkrieges Soldat in Deutschland und wollte anschließend auf dem College
studieren, also einen ganz anderen Weg einschlagen. Erst nach der Ermordung seines
älteren Bruders Santino (James Caan), dem Nachfolger Don Vitos, steigt er „ins
Geschäft“ ein.
Dabei zeigt er sich als ein ganz
besonders harter Vertreter der Familie und des Gesetzes der Omerta. Die
Familienehre, die den sizilianischen Clans im Blut zu stecken scheint, ist ihm nun
das höchste Gebot. So bricht für ihn eine Welt zusammen, als ihm seine Frau Kay
(Diane Keaton) eröffnet, dass sie das dritte von ihm empfangene Kind, einen
Sohn, abgetrieben habe, weil sie nicht noch einen weiteren Teufel auf die Welt bringen
wollte, und ihn dann verlässt.
Der religiös-spirituelle
Hintergrund des Films wird deutlich, als der Erzieher des ältesten Sohnes von
Michael ihm beim Angeln sein Geheimnis verrät, warum er immer die größten
Fische fängt. Er sagt, das komme davon, dass er immer vorher bete. Das ist eine der letzten Szenen des
zweiten Erzählstranges des Films, der mit der Kommunion des gleichen Sohnes in
der Sierra Nevada im Jahre 1957 einsetzt. Der erste Erzählstrang setzt im Jahre
1901 (Geburtsjahr von Lee Strasberg) ein, als der neunjährige Vito miterleben
muss, wie seine Mutter von einem sizilianischen Clan-Boss vor seinen Augen
erschossen wird.
Es ist eine blutig-archaische
Gesellschaft, die hier im Jahre 1974 vorgeführt wird. Es wird in erschreckender
Offenheit gezeigt, wohin das Festhalten an den Blutsbanden führt.
Rudolf Steiner hat darauf
hingewiesen, dass das „Blutsprinzip“ in unserer Zeit überwunden werden und
einem neuen, freien Prinzip der Gemeinschaftsbildung Platz machen muss, das ein
geistiges ist. Im Grunde hat schon das Neue Testament auf diesen Wechsel
hingewiesen, indem es in Johannes dem Täufer einen Juden auftreten lässt, der
das Blutsprinzip bewusst durchbricht, indem er die Menschen tauft und sie
dadurch aus dem Geiste heraus neu geboren sein lässt. Es sind aber neben den erzkatholischen Sizilianern vor allem die
Juden, die "stur" am Blutsprinzip festhalten. Dafür steht Hyman Roth,
der schon durch seinen Namen auf die Farbe des Blutes hinweist.
Der Film zeigt die Tragik, die
der Zwiespalt in der Seele Michael Corleones bedeutet, der sich eigentlich vom
Blutsprinzip lösen will, aber es nicht kann, weil das Blut in ihm noch zu stark
wirkt.
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