Am Donnerstagnachmittag (01.09.2016)
zeigte Arte den Klassiker „Viva Maria!“ aus dem Jahr 1965. Der Film, der eine
Parodie auf Männerfreundschaften im Wilden Westen ist, indem er das Verhältnis
umkehrt, und zeigt, dass auch zwei Frauen miteinander durch „Dick und Dünn“
gehen können, schildert in bunten Bildern eine fröhliche Revolution in dem
fiktiven Staat San Miguel in Mexiko.
Die beiden Freundinnen,
dargestellt durch die Göttin der französischen Intellektuellen, Jeanne Moreau,
und das französische Sexsymbol-Äquivalent zu Marylin Monroe, Brigitte Bardot,
sind zunächst Tingel-Tangel-Tänzerinnen im wandernden Circus und
Variete-Theater des „großen Rodolpho“. Beide heißen im Film ironischerweise
Maria. Die Bardot-Maria hat Erfahrung mit Sprengstoff, weil sie bereits als
kleines Mädchen ihren Vater, einen irischen Freiheitskämpfer, bei seinen
blutigen Einsätzen unterstützte. Der Film, der zu seiner Entstehungszeit solche
Sprengstoffanschläge eher comicmäßig inszenierte, weckt heute, in einer Zeit,
wo solche allgegenwärtig sind, ganz andere Assoziationen. Bardot kennt sich
also mit Mord und Totschlag aus. Ihr Gefährte ist Thanatos, der Tod. Die
Moreau-Maria kennt sich dagegen in der Liebe aus. Ihr Begleiter ist Eros. In
dem Film heißt er Flores und wird von Schönling George Hamilton gespielt.
Weil Flores, ein Revolutionär, im
Kampf stirbt und im Tode Moreau-Maria bittet, seine Mission fortzusetzen,
werden die beiden zu Rachegöttinnen, die das Volk gegen ihre Peiniger anführen
und diese schließlich besiegen. Es lebe die Revolution!
Die beiden Frauen werden
schließlich im Lande San Miguel wie Heilige verehrt und das Volk betet zu ihnen
„Ave Maria y Maria!“ Das gefällt dem Klerus gar nicht und die katholischen
Priester, angeführt von einer grauen Eminenz, dem bösen Abt, fangen sie ein und
stecken sie in die Folterkammer. Weil die Folterinstrumente so lange nicht mehr
benützt worden waren, sind sie marode und so sollen die beiden wie
Märtyrerinnen standrechtlich erschossen werden. Aber gerade noch rechtzeitig
kann der große Rodolpho, der ein Gewehr erfindet, mit dem man um die Ecke
schießen kann, mit seinen Circus-Artisten eingreifen und die Erschießung
verhindern. Der Zauberer Gregor von Rezzori schickt weiße Tauben aus, die
Handgranaten an ihren Beinen tragen, und sie im richtigen Moment fallen lassen.
Eine dieser Granaten fällt am Ende des Films in die Mönchskapuze des bösen
Abtes. Kurz darauf sieht man ihn wie Saint Denis mit seinem Kopf in der Hand
die Treppe herunter schreiten.
Der Film steckt voller
blasphemischer Anspielungen auf die christlichen Symbole. Das beginnt schon mit
der Namengebung: Maria in Doppelung. Auch San Miguel, das Land, in dem alles
spielt, weist spirituell auf den Volksgeist der Deutschen, früher der Hebräer
hin. Der Herrscher des Landes erinnert stark an einen Diktator in österreichischer
Uniform. Es gibt einige Anspielungen auf Hitler oder zumindest auf die
Hitler-Parodie Charlie Chaplins in seinem Film „The great Dictator“ aus dem
Jahre 1940. Es dürfte kein Zufall sein, dass der Gegenspieler des großen Diktators
am Ende der „große Rudolf“ ist, was, wenn man das Wortspiel weiter treibt, auf
die Gleichung: „Rudolf gegen Adolf“ hinausläuft. Es ist ja auch wahr: Rudolf
Steiner war der geistige Gegenspieler Adolf Hitlers.
Taube und Kreuz sind weitere
christliche Symbole, die durch den Film „in Misskredit“ gebracht werden. Dem
großen Zampano Gregor von Rezzori gelingt es sogar, eine tote Taube wieder zum
Leben zu erwecken, eine Anspielung auf die Totenerweckung Christi. Nur dass es
sich hier nicht um einen Menschen, sondern um eine Taube handelt, die in der
christlichen Tradition als Symbol des Heiligen Geistes gilt. Er und seine
Assistentin könnten vielleicht auch dafür sorgen, natürlich zusammen mit Rudolf
und seinen Akrobaten, dass es nach der gelungenen Revolution auch weitergeht. Vielleicht
zaubert er ja aus seinem Hut das passende Gesellschaftsmodell, nachdem sich die
bisherigen staatlichen und kirchlichen Mächte als Schurken erwiesen und ihre
wohlverdiente Strafe bekommen haben. Ich denke, die neue Gesellschaft wird dann
vor allem eines anbieten: Unterhaltung im Sinne des Varietes.
Immerhin haben sich die beiden
Marias bei einer Vorstellung als „kreativ“ erwiesen und aus der Not eine Tugend
gemacht: Weil der Bardot-Maria bei ihrer ersten Vorstellung der Rock weggerutscht
war, erfanden die beiden bei dieser Gelegenheit – wir schreiben das Jahr 1907 –
den Striptease.
Warum sollte es auch verboten
sein, die Menschen zu unterhalten? Hollywood macht ja seit über hundert Jahren
nichts anderes, als dem Publikum die Langeweile zu vertreiben. Dass es nichts
anderes als Täuschung ist, was der Zuschauer im Kino und später im Fernsehen zu
sehen bekam und bis heute noch zu sehen bekommt, hat bei vielen den Sinn für
Wahrhaftigkeit nachhaltig korrumpiert. Die Suche nach der Wahrheit ist
anstrengend und gepflastert mit Irrtümern. Wer will das heute noch?
Die Studentengeneration der 68er
war die letze, die noch an so etwas wie Wahrheit glaubte. Die damaligen „Revoluzzer“
schüttelten erst einmal den „Staub von 1000 Jahren“ aus den Talaren der
Universitätsprofessoren und klagten ihre Väter an, während der Nazidiktatur
geschwiegen zu haben. Familie und Religion waren für viele keine Alternative. Die
meisten strebten eine Gesellschaft nach sozialistischem oder kommunistischem
Muster an. Marx und Mao waren ihre Vorbilder. Einige hatten ganz andere Visionen
von der neuen Gesellschaft, die nach der gelungenen Revolution entstehen
sollte. Darunter waren Männer wie Rudi Dutschke, der ernsthaft an einem
Alternativmodell des Dritten Weges zwischen Kommunismus und Kapitalismus arbeitete,
bis ihn das Attentat schachmatt setzte. Dabei orientierte er sich auch an der
Dreigliederungsidee Rudolf Steiners, genauso wie die Männer des Prager
Frühlings, die einen „Sozialismus mit menschlichen Antlitz“ anstrebten. Ein
weiterer wichtiger Ideengeber der damaligen Zeit war der Künstler Josef Beuys.
Rudi Dutschke sah „Viva Maria“
mehrmals, ohne – wie üblich – im Kino einzuschlafen. Irgendetwas gefiel ihm an
dem Film. Vielleicht identifizierte er sich ja auch nur mit dem „großen Rudolf“,
seinem Namensvetter. Aber eine Theorie zur Gesellschaftsveränderung lieferte
der Film gewiss nicht, auch wenn er von vielen damaligen Studenten im vorrevolutionären Taumel gefeiert wurde. Mit Striptease und einem
Gewehr, mit dem man um die Ecke schießen kann, baut man keine neue Gesellschaft
auf, nachdem die alte untergegangen ist.
Was bleibt ist: Variete.
Unterhaltung. Ernst ade. Spaß komm raus!
Richard Wagner hat diese Tendenz
bereits vor beinahe 170 Jahren kritisiert und gewisse jüdische Künstler dafür
verantwortlich gemacht. Er meinte, diese könnten nur Unterhaltung, aber keine
wahre Kunst schaffen[1]. Diese These haben
jüdische Kreise ihm sehr übel genommen und eine wahre Hexenjagd auf den
Komponisten veranlasst. Seitdem gilt Wagner als Antisemit. Niemand hat etwas
gegen Unterhaltung einzuwenden, aber wenn die ganze Menschheit via Film nur
noch mit „Unterhaltung“ überflutet wird, dann kann nur eine Gesellschaft von Idioten
oder Psychopathen entstehen, die jeden Sinn im Leben verloren haben.
Nun ist es kein Zufall, dass auch
Louis Malle, der Regisseur des Films „Viva Maria!“, der so penetrant
christliche Symbole missbraucht, aus einer reichen jüdischen
Industriellenfamilie stammt.
Beim Betrachten des Films
empfindet der Zuschauer 120 Minuten lang unterhaltsame Kurzweil. Aber was
bleibt danach?
Es kommt mir so vor, als
zerplatzten all die schönen (teuren) Bilder wie Seifenblasen. Nur ein schaler
Eindruck bleibt zurück, wenn man sich nach dem Ansehen des Films die Augen
reibt und wieder in der Realität anzukommen versucht. War da was? Nein, es war
nichts! Nada!
[1] „Das Publikum unserer
heutigen Operntheater ist seit längerer Zeit nach und nach gänzlich von den
Anforderungen abgebracht worden, welche nicht etwa an das dramatische Kunstwerk
selbst, sondern überhaupt an Werke des guten Geschmacks zu stellen sind. Die
Räume dieser Unterhaltungslokale füllen sich meistens nur mit jenem Teile unserer bürgerlichen Gesellschaft, bei
welchem der einzige Grund zur wechselnden Vornahme irgendwelcher Beschäftigung
die Langeweile ist: die Krankheit der Langeweile ist aber nicht durch
Kunstgenüsse zu heilen, denn sie kann absichtlich gar nicht zerstreut, sondern
nur durch eine andere Form der Langeweile über sich selbst getäuscht werden.
Die Besorgung dieser Täuschung hat nun jener berühmte Opernkomponist zu seiner
künstlerischen Lebensaufgabe gemacht. Es ist zwecklos, den Aufwand
künstlerischer Mittel näher zu bezeichnen, deren er sich zur Erreichung seiner
Lebensaufgabe bediente: genug, dass er es, wie wir es aus dem Erfolge ersehen,
vollkommen verstand, zu täuschen, und dieses namentlich damit, dass er jenen
von uns näher charakterisierten Jargon seiner gelangweilten Zuhörerschaft als
modern pikante Aussprache aller der Trivialitäten aufheftete, welche ihr so
wiederholt oft schon in ihrer natürlichen
Albernheit vorgeführt worden waren. Dass dieser Komponist auch auf
Erschütterungen und auf die Benutzung der Wirkung von eingewobenen
Gefühlskatastrophen bedacht war, darf niemanden befremden, der da weiß, wie
notwendig dergleichen von Gelangweilten gewünscht wird.“ (Richard Wagner, Das
Judentum in der Musik, 1850, Reprint 1998, S 28)
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