Mittwoch, 8. Juni 2016

Ein Schwabe gründet Hollywood: Carl Laemmle aus Laupheim


Im Jahre 1906 lief ein jüdischer Geschäftsmann durch die Straßen Chicagos und betrat ein Kino. Der Mann, der bisher in der Textilbranche tätig gewesen war und eine eigene Filiale einer Textilfirma leitete, begriff, dass man auch „mit Licht“, einer „nicht greifbaren Ware“, Geschäfte machen kann. Er investierte sein bisher verdientes Geld in Kinos, die damals wie die Pilze aus dem Boden der Großstädte wuchsen, und begann, selbst Filme zu produzieren. Diese „Massenware“ sollte das Bedürfnis des Publikums nach bewegten Bildern befriedigen.
Der Mann aus dem oberschwäbischen Städtchen Laupheim, der als 17-jähriger 1884 in die USA ausgewandert war, zog nach Kalifornien und gründete im März 1915 in der Nähe von Los Angeles auf dem Gelände einer ehemaligen Hühnerfarm eine Filmstadt, der er den Namen „Universal-City“ gab. Das war der eigentliche Beginn von Hollywood. Der Mann hieß Carl Laemmle (geboren als Carl Lämmle, 1867 – 1939). Sein größter Erfolg war die 1930 in die Kinos gekommene Verfilmung des Romans „Im Westen nichts Neues“ von Erich-Maria Remarque. Bei der Aufführung des Films in Berlin kam es zu Tumulten. Mitglieder der NSDAP, unter anderen Joseph Goebbels, stürmten die Kinos und erzwangen ein Verbot und danach eine Zensur des Films. Carl Laemmle, der bis dahin seine geliebte Heimatstadt Laupheim jedes Jahr mindestens einmal besuchte, kam daraufhin nicht wieder nach Deutschland.
Diese Geschichte hörte ich heute gegen 12.45 Uhr im Radio (SWR2). Das Interview mit Dr. Rainer Schimpf vom Stuttgarter „Haus der Geschichte“ wurde anlässlich der morgen beginnenden „Laupheimer Gespräche“ gesendet, wo der Laemmle-Kenner einen Vortrag mit dem Titel „Ein Schwabe erfindet Hollywood“ halten wird.
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Auf der deutschen Wikipedia-Seite lese ich, dass unter Carl Laemmle am Ende des Ersten Weltkrieges antideutsche Propagandafilme wie „The Sinking oft he Lusitania“ und „The Kaiser – Beast of Berlin“, gedreht wurden (beide 1918). Diese Information fehlt auf der englischen Free-Wikipedia-Seite. Ich erfahre auch, dass der von mir sehr verehrte William Wyler (1902 – 1981) ein Neffe von Carl Laemmle gewesen sein soll (William Wylers aus Deutschland stammende Mutter Melanie war eine Cousine von Carl Laemmle). Es war wohl nicht der einzige aus Laemmles Verwandtschaft, den er in sein Studio gebracht hat. Der Poet Ogden Nash schuf den Zweizeiler:
„Uncle Carl Laemmle
Has a very large faemmle“
(Onkel Carl Laemmle hat eine sehr große Familie)
Carl Laemmle erklärte seinen Namen dem Literary Digest selber einmal so: “The name means little lamb and is pronounced as if it were spelled ‘lem-lee’”

Der oberschwäbische Erfinder Hollywoods interessiert mich schon lange. Er hat etwa zur gleichen Zeit, als Rudolf Steiner sich von der Theosophischen Gesellschaft getrennt hat, sein eigenes Filmstudio, die „Universal Motion Picture Manufacturing Company“ gegründet. Damals hatte die „Motion Picture Patents Company“ (auch „Edison-Trust“ genannt) in New York das Monopol über alle Patente im Filmgeschäft. Daneben gab es die „Independants“. Im Jahre 1912 fusionierte Laemmles 1908 gegründete „Independant Motion Picture Company“ mit anderen, kleineren Companies zur „Universal Motion Picture Manufacturing Company“. Diese „Company“ zog von New York ins sonnige Kalifornien, in die „Stadt der Engel“. Das war etwa in dem Jahr, als Rudolf Steiner in Dornach den Grundstein zum Ersten Goetheanum legte: 1913. Der Ort Hollywood hat auch etwas mit „Dornen“ zu tun, denn er lässt sich als „Stechpalmenwald“ übersetzen.

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