In diesen Tagen gedenken viele
Menschen des Wendepunktes in der Schlacht um Stalingrad am 19. November 1942[1], bei der
vor nunmehr 75 Jahren unzähligen Soldaten, russische und deutsche, das Leben verloren.
Vielleicht war dieser Gedenktag am diesjährigen Totensonntag
der Anlass für Arte, den schmutzigen kleinen Western zu zeigen, den der
italienische Bombast-Regisseur Sergio Leone zu einem zynischen Revolutionsepos
mit einer romantischen Männerfreundschaft aufblähte. Auf Deutsch heißt der Film aus dem Jahr 1971, der in keiner Weise an das stimmige Meisterwerk „Spiel mir das Lied vom Tod“ heranreicht, „Todesmelodie“. Dieser Titel ist jedoch viel zu schön für diese Orgie von Gewalt und Vergewaltigung, die der Regisseur offensichtlich genüsslich vor den Augen der Zuschauer in beinahe unerträgliche Länge zieht.
Der Originaltitel entspricht der Geisteshaltung des unappetitlichen Films, der mit dem pinkelnden Juan (Rod Steiger) beginnt und mit einer gewaltigen Nitroglyzerin-Explosion endet, durch die sich der irische Freiheitskämpfer und Sprengstoffspezialist John (James Coburn) selbst das Leben nimmt: „Duck, you Sucker!“ oder auf Italienisch „Giu la Testa“ (zu Deutsch: „Duck dich, du Schwanzlutscher“ oder „Kopf runter!“).
Diese Sprache und die Inszenierung des maschinellen Tötens, das an die Massenerschießungen im Zweiten Weltkrieg erinnert, spielt auf der Skala der Ekligkeiten von Gewaltfilmen, die 1967, mitten im „Summer of Love“ mit dem Film „Bonnie and Clyde“ begonnen hatte und schließlich 1974 mit der Holocaust-Serie bis ins Fernsehen fand, ganz oben mit.
Konnte man Filmen wie „Bonnie und Clyde“ (1967), „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) und „The Wild Bunch“ (1969) noch einen gewissen ästhetischen Reiz abgewinnen, weil sie wie ein Todesreigen inszeniert waren, so kann ich bei „Giu La Testa“ solche ästhetischen Qualitäten nicht mehr entdecken.
Selbst die Musik des genialen Ennio Morricone mit ihrem kindischen „Leitmotiv“, dem gesungenen „Juan-John“[2], das wie chinesisch „Schang-schang“ klingt, nervt nur noch. Während ich „Once upon A Time in the West“ mindestens fünfmal gesehen habe und noch heute gerne sehe, habe ich diesen zweiten Teil der Amerika-Trilogie Sergio Leones nie im Kino gesehen.
Ich habe nichts verpasst.
[2] Das Thema
der „zwei Johannes“ zieht sich mit einer gewissen sarkastischen Ironie durch den
ganzen Film. Der Ire John liest Bakunin (entspricht also eher dem Evangelisten)
und der Mexikaner Juan ist Analphabet (entspricht also eher dem Wüsten-Eremit Johannes
der Täufer). Als der Ire sich in die Luft gesprengt hat, fragt Juan verzweifelt:
„Und was wird jetzt aus mir?“ Mit diesem Satz endet der Film.
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