Montag, 17. Juli 2017

Wohin der Glaube an eine Lüge führt - 70 Jahre Kommunismus in der gelungenen Roman-Verfilmung "In Zeiten des abnehmenden Lichtes" von Matti Geschonneck


„Die einzige, die lebendig war, war die Haushaltshilfe Lisbeth“ sagte Lena nach dem Film, den wir eben (von 17.30 – 19.15 Uhr) im Haller Kino Convino angeschaut haben: „In Zeiten des abnehmenden Lichtes“ nach dem Roman von Eugen Ruge, den ich mir gleich nach seinem Erscheinen gekauft hatte.
Was war es? Eine Komödie? Eine Tragödie?[1]
Lena sagte, man musste dumm sein, um an den Kommunismus zu glauben. Niemand hat in ihrer Jugend im sowjetischen Karaganda daran geglaubt, auch wenn man es nie laut gesagt hat. Trotzdem hatten die Kinder, ja selbst noch die Jugendlichen viel Spaß. Und die Sachen waren noch etwas Wert, so zum Beispiel ein halbes Pfund Butter, das man vielleicht um fünf Uhr nachmittags kaufen konnte, nachdem man seit 5.00 Uhr morgens in der Schlange gestanden hat.
Der Film zeigt sehr schön, wie es ist, wenn man ein ganzes langes Leben lang an eine Lüge glaubt. Wilhelm, gespielt von dem wie immer großartigem Bruno Ganz, ist mit 20 Jahren, also im Jahre 1919 in die Kommunistische Partei Deutschlands eingetreten, war ein Kämpfer der Rotfront, sollte unter Stalin, den er noch mit 90 verehrt, nach Mexiko gehen, um mitzuhelfen, Trotzki zu ermorden, und war dann "Kämpfer der Arbeiterklasse" in der DDR. Der Film zeigt seinen 90. Geburtstag im Jahre 1989, kurz vor dem Mauerfall, an dem er auf sein – im Grunde sinnloses –  Leben zurückschaut. Den Tag überlebt er nicht.
Die Ersatzreligion des Kommunismus, diese falsche Ideologie, hat so viele Leben ruiniert![2]
Das zeigt der Film in aller Deutlichkeit.
Allerdings zeigt er auch nicht die geringste Alternative auf. Es gibt, wie Sascha, Wilhelms Enkel, bereits am Anfang sagt, keine Hoffnung.
Das will ich nicht glauben, obwohl ich selber allmählich zum Pessimisten, oder soll ich besser sagen: zum Realisten werde. Ich habe schon lange den Glauben an den Kapitalismus verloren, das heißt, ich hatte ihn noch nie.
Das einzige, woran ich bisher geglaubt habe, war die Anthroposophie.
Aber auch diese Weltanschauung ist bei vielen zur Ideologie verkommen. Nun habe ich meine Heimat im Kultus der Menschenweihehandlung gefunden. Da gibt es maximal 25 – 30 Menschen in der Stadt Schwäbisch Hall, die mehr oder weniger regelmäßig an den Handlungen teilnehmen.
Das ist nur ein winziges Häufchen.

Aber mit einem winzigen Häufchen von bewussten Menschen kann viel Realität geschaffen werden, wenn die falschen Mythen durchschaut sein werden.




[1] „Eugen Ruge spiegelt ostdeutsche Geschichte in einem Familienroman. Es gelingt ihm, die Erfahrungen von vier Generationen über fünfzig Jahre hinweg in einer dramaturgisch raffinierten Komposition zu bändigen. Sein Buch erzählt von der Utopie des Sozialismus, dem Preis, den sie dem Einzelnen abverlangt, und ihrem allmählichen Verlöschen. Zugleich zeichnet sich sein Roman durch große Unterhaltsamkeit und einen starken Sinn für Komik aus.“
[2] Dazu gibt es auf Youtube eine interessante Meinungsäußerung von zwei jüdischen Rabbis: https://www.youtube.com/watch?v=gAzwTl67fn0

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