Wir schauten am Freitagabend auf Arte den
Vater-Tochter-Film „Kleine Ziege, sturer Bock“ (Deutschland 2015) des
österreichischen Regisseurs Johannes
Fabrik an.
Die romantische Geschichte spielt
– vor allem in der zweiten Hälfte – in der fantastischen Landschaft Norwegens. Die
männliche Hauptrolle des „plötzlichen Vaters“ Jakob spielt der neue
Old-Shatterhand-Darsteller Wotan Wilke Möhring; seine zwölfjährige Tochter Mai erinnert
mich in manchen Szenen stark an meine damals zwölfjährige Tochter Raphaela in Hamborn.
Lena gefällt der Film, obwohl sie
ab und zu sagt: „das gibt es nur im Kino!“ Wir lachen viel. Die kleine Mai wird
von der damals erst 13jährigen Sofia
Bolotina (geboren 2002) gespielt, die einen russischen Vater und eine
ukrainische Mutter hat. Sie ist hübsch und spielt richtig gut. 2016 war sie an der
Seite von Emma Schweiger in der Verfilmung der Kinderbuchreihe „Conny & Co“
zu sehen. Augenblicklich läuft bereits der zweite Teil der Serie in den Kinos.
Wir haben den Film eher zufällig
angeschaut.
Im Nachhinein hat er in mir
weitergewirkt. Ich erinnerte mich an ein Detail, das ich zunächst nur flüchtig
aufgenommen hatte: Eines Morgens sieht Jakob seine Tochter, von der er schon
weiß, dass sie kein Fleisch isst, im Garten beim Yoga. Als er sie anspricht,
sagt sie irgendetwas von „Chakren“. Ich müsste den Film wiedersehen, um aufschreiben
zu können, was sie genau sagte, aber ich glaube, es hatte etwas mit der „Reinigung der Chakren“ zu tun.
Das ist eine enorm wichtige
spirituelle Aussage, eine Botschaft, die manche Kinderseele aufnimmt, denn ich
denke, es handelt sich bei „Kleine Ziege, sturer Bock“ in erster Linie um einen
Familienfilm, den sich sicher einige Mädchen in diesem Alter angeschaut haben.
Solche spirituellen „Einsprengsel“
in einem ansonsten eher konventionellen Kino-Märchen sind bemerkenswert und
stützen meine Vermutung, dass die Macher des Films nicht zufällig einen
Schafbock als Begleiter bei der Reise nach Norwegen gewählt haben und nicht
etwa einen Hund, was wiederum sehr konventionell gewesen wäre.
Der äußerst wertvolle schwarze Bock
mit seinen schönen Hörnern soll zu einem Züchter nach Norwegen transportiert
werden, wo er eine ganze Schafsherde „beglücken“ darf. Dieser Bock ist
natürlich eine Metapher für den Vater, der auch ein sturer Bock ist und sich
nie „angepasst“ hat, weil er „frei und ungebunden“ sein wollte.
Die Auseinandersetzung der
kleinen Mai mit dem „sturen Bock“ ähnelt ein wenig jenem „Kampf Jakobs mit dem
Engel“, der im 32. Kapitel (Vers 23 – 33) des ersten Buches Mose beschrieben
wird. Zum Schluss siegt auch der Jakob im Film über den kleinen Engel. Mai hat
in der Tat „Engelskräfte“, wenn sie auch zuerst recht „zickig“ auftritt. Ihr
gelingt es, den Schafbock zu zähmen, indem sie ihm von Kassette Musik von Elvis
Pressley vorspielt, oder ihn zu heilen, indem sie ihm Coca Cola zu trinken gibt.
Das sind alles schöne Metaphern dafür, wie man eine Beziehung zu einem Menschen
aufbauen kann, der auf den ersten Blick so ganz anders ist als man selbst.
Von dieser Annäherung zwischen der
verwöhnten Mai und dem verlotterten Vater Jakob handelt der Film. Der Vater,
der zu Beginn des Films als Elvis-Pressley-Imitator in Altersheimen ältere Damen
„beglückt“ hat, wandelt sich im Erlernen des rechten Umgangs mit seiner Tochter im Verlauf der Handlung zu einem „wertvollen“ Menschen, der seinem (biblischen) Namen gerecht wird. Im
Austausch erhält der bis dahin namenlose Bock den alten Künstlernamen Jakobs: „Elvis“.
Die „Sünden“ des Mannes sind abgelegt und er wird vielleicht in Zukunft –
ähnlich wie „Elvis“ – der wunderbare
Vater eines ganzen Volkes werden.
Noch eine weitere Konnotation hat
der Schafbock also. Er steht im Alten Testament für den „Sündenbock“, der an
gewissen Festen von den hebräischen Priestern „in die Wüste“ geschickt wurde,
um die Sünden des Volkes dorthin zu tragen. Im Film darf der „Sündenbock“ mit
Jakob und Mai auf die Reise gehen und es geht ihm gut. Er wird nicht in die
Wüste, sondern in das schöne Norwegen gebracht.
Die Metapher vom Schaf, das die
Sünde der Menschheit trägt, wurde im Neuen Testament auf Jesus Christus
übertragen. Bis heute singen die Christen beider Konfessionen in ihren
Gottesdiensten: „Christe, Du Lamm Gottes, der Du trägst die Sünde der Welt, erbarm dich
unser!“
Ohne es zunächst zu wollen,
findet man auch in solchen – an und für sich belanglosen – Filmen tiefere
Bezugspunkte und Botschaften, die sie dann doch auch wieder „wertvoll“ machen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen